News aus dem Thurgau

Auf dem Markt der Möglichkeiten

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27.06.2016
In Konstanz und Kreuzlingen ging am Wochenende der ökumenische Bodensee-Kirchentag über die Bühne. Ein Besuch des «Markts der Möglichkeiten» am Samstag zeigte: Der Name hielt, was er versprach. Der Markt bot Bekanntes – und immer auch wieder Überraschendes.

Samstags wuselt es in Konstanz. Dann überfallen gewöhnlich Shoppingtouristen die Grenzstadt. Am vergangenen Samstag war das Gedränge in der Konzilstadt noch etwas grösser als sonst: Hinzu kamen die Besucher des 17. Bodensee-Kirchentages. «Komm 'rüber» lautete das Motto, und viele folgten dem Ruf.

Rund um das Konstanzer Münster hatten mehr als fünfzig Organisationen und Gruppen ihren Stand aufgebaut. Zur Grundausstattung gehörten Stände von Hilfsorganisationen, diakonischen Werken, Seelsorgeteams und Menschenrechtsorganisationen, die meisten von ihnen aus Süddeutschland und der Ostschweiz. Ein Rundgang auf dem «Markt der Möglichkeiten» machte aber schnell auch deutlich, dass überaus vielfältig ist, was sich unter dem Dach der Kirche vereint oder sich ihr zugehörig fühlt.

Ohren spitzen in der Kirche
So präsentierte sich der Vegetarierbund Deutschland neben der Friedensbewegung «Keine Waffen vom Bodensee» und die «Aktion Kirche und Tiere» ebenso wie die Hörspielkirche Sipplingen. Letztere ist ein Projekt der evangelischen Kirchengemeinde Ludwigshafen und findet jeweils während zehn Wochen im Sommer statt.

Es sei ein ganz besonderes Erlebnis, Hörspiele in einer Kirche zu lauschen, berichtete die Dame am Stand. Der Kirchenraum lasse sich ganz neu erleben. Das Programm biete täglich Kinderhörspiele und Erzählungen oder Krimis für Erwachsene - oder «auch mal etwas Geistliches». Sonntags gebe es jeweils einen Hörspiel-Gottesdienst, fügte sie hinzu, und zeigte vor sich auf eine mit Playmobil-Figuren gefüllt Lego-Kirche: «Das sieht dann etwa so aus.»

Vergrabene Psalmen suchen
Gleich daneben stellte die Badische Landeskirche ihr Tourismusangebot vor: Zum Beispiel die Kirche im Europapark, eine norwegische Stabkirche, die zwischen Wildwasser-Rafting und Achterbahn zur Kurzandacht oder zum Themengottesdienst einlädt. Oder das Projekt «Geocaches Psalm 2.0» im Schwarzwald: 150 Psalmen sollen dereinst im Gelände versteckt und mit einem GPS-Gerät gesucht werden können.

Schwere Kreuze um den Hals
Zwischendurch reichte aber auch ganz wenig, um die Aufmerksamkeit der Marktbesucher zu wecken. «Evangelische Ministranten? – Uns gibt’s!», stand in grossen Lettern über einem Stand. Teenies in schwarzen T-Shirts und mit schweren Eisenkreuzen um den Hals gaben bereitwillig Auskunft über ihre Funktion: «Wir entzünden an der Osterkerze die Altarkerzen», «Wir sprechen mit dem Pfarrer zusammen den Psalm», «Wir begrüssen die Taufkinder in der Gemeinde und schenken ihnen eine Kinderbibel.»

Ihre Betreuerin lieferte dann die Erklärung, wie es zu diesem Dienst kam: Man habe für die Kinder zwischen 11 und 13 Jahren kein Angebot gehabt. Dem Kindergottesdienst seien sie entwachsen, die Konfirmandenzeit komme aber erst drei Jahre später. So habe man ihnen einen Platz im Gottesdienst anbieten wollen, also bewusst nicht an der Peripherie des Gemeindelebens, sprich im Bastelkeller. Das ursprünglich auf zwei Jahre angelegte Projekt sei ein Erfolg, es bestehe seit mittlerweile sieben Jahren.

Kirchentag oder Kaufrausch
Auch ein solcher Markt der Möglichkeiten ist ein Erfolg. Und er hätte noch mehr Besucher verdient gehabt. Er ist dazu da, den kirchlichen Horizont zu erweitern, Impulse zu bekommen oder vielleicht auch nur das wieder zu finden, was Kirche einem auch noch bedeutet. Ob nur eine halbe Stunde Verweildauer oder ein halber Tag: Hatte man genug davon, konnte man sich wieder den vielen anderen Programmpunkten des Kirchentages widmen oder sich, als Kontrastprogramm zwischendurch, dann doch auch ins Shoppinggewühl von Konstanz stürzen.

Hörspielkirche Sipplingen
Kirche im Europa-Park
Geocaches «Psalm 2.0»
Evangelische Ministranten

Dieser Artikel stammt aus der Online-Kooperation von «reformiert.», «Interkantonaler Kirchenbote» und «ref.ch».

Raphael Kummer / ref.ch / 27. Juni 2016

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