News aus dem Thurgau

Alle müssen mitspielen

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23.05.2020
Die Landwirtschaft steht in der Klima- und Umweltdebatte immer wieder am Pranger. Ressourcenschonender Anbau sei aber erst wirkungsvoll, wenn auch der Handel und die Konsumenten ihren Teil beitragen, betonen zwei Thurgauer Biolandwirte.

«Schule war für mich ein notwendiges Übel», erinnert sich Rolf Ziegler mit einem Schmunzeln. Schon früh habe er seine Berufung zum Landwirt erkannt. Nach Schulschluss sei er jeweils nach Hause gerannt, um sich um seine gezüchteten Kaninchen, Enten und Hühner zu kümmern. Nach der Lehre und der Rekrutenschule konnte er – vor fast genau 43 Jahren – den Hof seiner Eltern in Ritzisbuhwil übernehmen. Im Jahr 2000 stellte er auf Biobetrieb um. «Das war damals der Wunsch von unserem Milchabnehmer Pius Biedermann in Bischofszell, der zu wenig Biomilch hatte.»

«Alle kaufen Gala-Äpfel»
Rolf Ziegler hatte grossen Respekt vor der Umstellung, weil neben den Milchkühen auch zwei Hektaren Tafelobst zum Hof gehörten. Der Bioobstbau sei besonders anspruchsvoll: «Wir Bauern sind sehr bemüht, die Anliegen der Konsumenten ernst zu nehmen. Im Bioobstbau haben wir zum Beispiel sehr viele neue Züchtungen, die mit weniger Spritzmitteln auskommen. » Oft würden diese vom Markt aber stiefmütterlich behandelt. Ziegler, der neben seinem Beruf als Synodaler der Evangelischen Landeskirche Thurgau wirkt, nennt ein Beispiel: «Die Apfelsorte Gala, seit Jahren die Nummer 1 in der Schweiz, braucht viel mehr Spritzmittel als unsere pilzresistenten Neuzüchtungen. Trotzdem kaufen alle Gala. Hier sollten der Handel und die Konsumenten gemeinsam den neuen Weg gehen und unseren guten Willen belohnen. Der Konsument hat es letztlich in der Hand, die schweizerische Landwirtschaft zu beeinflussen.»

Hochs und Tiefs direkter spürbar
Wie Rolf Ziegler liegt auch Koni Nef am Herzen, der Schöpfung Sorge zu tragen. Zusammen mit seiner Frau Petra führt er in Scherzingen einen Bio-Landwirtschaftsbetrieb. Die grosse Herausforderung als Landwirt sei, Unternehmertum und Natur in Einklang zu bringen, betont Nef. «Die Verbundenheit mit der Natur erachte ich als Privileg: Die Natur lehrt mich, mit Hochs und Tiefs umzugehen.» In der biologischen Landwirtschaft seien diese Hochs und Tiefs noch viel direkter spürbar – zum Beispiel wenn aufgrund der Richtlinien das Bei- beziehungsweise Unkraut nicht gleich wirksam bekämpft werden dürfe. «Da braucht es Toleranz und Gelassenheit.»

Weniger CO2, aber tiefere Erträge
Ob Biobetriebe tatsächlich CO2-ärmer produzieren können als konventionelle Betriebe, werde kontrovers diskutiert, sagt Koni Nef. Eine kürzlich von der britischen Universität Cranfield veröffentlichte Studie zeige auf, dass CO2-, Lachgas- und Methanemissionen beim Biolandbau zwar generell abnehmen. Doch die Erträge aus den Bioäckern seien tiefer als in der konventionellen Landwirtschaft. So falle das eingesparte CO2 an anderen Orten wieder an: zum Beispiel durch Import oder mehr Flächennutzung. Nef kommt zum Schluss: «Um mit einer Biolandwirtschaft die Klimaziele und gleichzeitig Ernährungssicherheit zu erreichen, müssten die Menschen wohl den Fleischkonsum massiv senken.» Auch auf seinem Betrieb sehe er noch Potenzial durch den Einsatz energiesparender Maschinen oder Verbesserungen beim Kompostieren. Regionalität in der Vermarktung und damit verbundene kurze Transportwege unterstützten das Erreichen der Klimaziele ebenfalls. Sowohl Koni Nef als auch Rolf Ziegler betonen, dass sie keinesfalls Bio- und konventionelle Landwirtschaftsbetriebe gegeneinander ausspielen möchten. Nef ergänzt: «Jeder kann sein Tun selber bedenken und verantworten.»


Das komplette Interview mit Rolf Ziegler finden Sie hier zum Nachlesen.

Das komplette Interview mit Koni Nef finden Sie hier zum Nachlesen.


(Cyrill Rüegger)

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