News aus dem Thurgau

Verwalten und Gestalten im Blick

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21.12.2020
Der Kirchenrat hat in der Synode seine Legislaturziele für die Jahre 2020 bis 2024 vorgestellt. Angesichts gesellschaftlicher Entwicklungsprozesse setzt er neue Akzente wie kirchliche Erprobungsräume. Auch bereits begonnene Prozesse möchte er weiterführen: zum Beispiel seinen direkten Gesprächsaustausch mit Jugendlichen.

Um in der sich verändernden Landeskirche ein Führungsinstrument zur Hand zu haben, hat der Kirchenrat seine Arbeitsschwerpunkte für die Jahre 2020 bis 2024 zusammengefasst und erstmals in Legislaturzielen formuliert. Damit möchte er auch die Synode über demnächst zu erwartende Themen orientieren, die der Weichenstellung des Kirchenparlaments bedürfen.

Gestalten, nicht nur verwalten
In einer Retraite in der Kartause Ittingen hat der Kirchenrat unter fachkundiger Anleitung Grundsatzüberlegungen angestellt. Sie basieren auf der genaueren Betrachtung von gesamtgesellschaftlichen Veränderungen, dem Wirken der Thurgauer Landeskirche nach innen und aussen und ihrer Wahrnehmung in der Öffentlichkeit. Weil die Dienste der landeskirchlichen Fachstellen zunehmend in Anspruch genommen werden, sieht sich der Kirchenrat auf seinem Weg bestätigt. Diesen möchte er weiterführen. Seine Arbeitsschwerpunkte machte der Kirchenrat an den drei Aspekten Inhalt, Entwicklung und Ressourcen fest. Pfarrer Paul Wellauer, Bischofszell, sagte namens der Geschäftsprüfungskommission (GPK) der Synode: «Die GPK ist glücklich, dass der Kirchenrat nebst dem Verwalten auch das Gestalten im Blick hat.» Konkret setzt sich der Kirchenrat zum Ziel, das Konzept zu sexuellen Grenzverletzungen «Achtsam Kirche sein mit Leib und Seele» bis zum Jahr 2024 umgesetzt zu haben, ebenso den neuen kompetenzorientierten Lehrplan im Religionsunterricht mit einer Einführungsphase von drei Jahren. Die kantonalkirchlichen Weiterbildungen sehen die Stärkung der Theologie im Wahl-Pflicht-System vor und Pflicht-Weiterbildungen in den beiden Bereichen Lehrplaneinführung und Sensibilisierung bei Grenzverletzungen in den nächsten zwei Jahren. Fachstellen und Tecum gehen mit ihren Aus- und Weiterbildungsangeboten verstärkt in die Kirchgemeinden und setzen dort einen direkten Bezug zur kirchlichen Arbeit vor Ort. Weitere Legislaturziele betreffen die Etablierung der Musikfachstelle mit ihrer doppelten Ausrichtung und den jüngst begonnenen Gedankenaustausch mit kirchlich engagierten jungen Erwachsenen. Dieser soll institutionalisiert werden und die Ergebnisse in die Überlegungen und Entscheidungen des Kirchenrates einfliessen. Die Partizipation von Freiwilligen in den Kirchgemeinden soll gefördert werden. Landeskirche und Kirchgemeinden befähigen interessierte Freiwillige zu diakonischem und kirchlichem Engagement. Neben bestehenden Angeboten wie «Persönlich begleiten» und «Menschen mit Demenz begleiten» entwickelt die Landeskirche neue Kursangebote wie «Letzte Hilfe».

Neues wagen
Trotz der schwer abschätzbaren Verknappung der Finanzmittel möchte der Kirchenrat neue Wege kirchlicher Gemeinschaft erproben. Die Synode unterstützte dieses Anliegen und bewilligte eine 50-Prozent-Stelle «Start-up Kirche». Die Fachstelle soll die Kirchgemeinden beim Aufbau von unkonventionellen Formen für gelebte Kirchengemeinschaft begleiten. Einzelne Bereiche, die der Kirchenrat bei allfälligem starken Spardruck durch Steuergesetzrevision, Rückgang der Mitgliederzahlen und Pandemieauswirkung als erstes reduzieren würde, kann und will er nicht nennen. Vielmehr möchte er zusätzliche Finanzierungsquellen erschliessen. Dabei denkt er an die Gründung von Trägervereinen, Förderung von Sponsoring, Gründung von Stiftungen oder Handreichung für Legate.

Zum Denken anregen
Der Kirchenrat achtet und reagiert auf gesellschaftliche Entwicklungen. In seinen Stellungnahmen ist Kirche als Nachfolge von Christus zu erkennen, die dem Engagement für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung einen besonderen Stellenwert beimisst. In der Synode warnten Ruedi Keller, Berg, und Pfarrer Christian Herrmann, Gachnang, vor einer «Verpolitisierung»: «Der Kirchenrat soll sich mit Abstimmungsempfehlungen zurückhalten.» Kirchenratspräsident Bührer befürwortete das grundsätzlich: «Wir geben keine Stimmempfehlung, nur Denkanregung.» Ein Fixpunkt der kirchlichen Ermutigung zu politischem und gesellschaftlichem Engagement ist die jährliche Bettagsbotschaft des Kirchenrates.

«Gemeinde-Brille» aufgesetzt
Neu tritt die Landeskirche mit dem Logo «Kreuz im Licht» auf und zeigt sich so auch optisch zur Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz (EKS) gehörend. Sie ermuntert und unterstützt die Kirchgemeinden bei der freiwilligen Übernahme des neuen Auftritts. Sowohl in dieser Frage des Erscheinungsbildes wie in strategischen Überlegungen und im Tagesgeschäft steht sehr oft das Gemeindeleben im Fokus der Legislaturziele. Der Kirchenrat ist sich bewusst, dass vieles nur zum Tragen kommt, wenn die Gemeinden mitziehen. Deshalb hat er sich bei seinen Überlegungen bemüht, auch durch die Brille der Gemeindeebene zu blicken. Im Hochhalten der Thurgauer Gemeindeautonomie regt er zur verstärkten regionalen Zusammenarbeit an und gibt Impulse.

 

(Brunhilde Bergmann)

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