News aus dem Thurgau

Hoffnung für das sinkende Paradies

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18.02.2021
Die Liturgie für den Weltgebetstag stammt dieses Jahr von Frauen aus Vanuatu, einem Insel-Paradies im Südpazifik. Ihr Motto lautet «Auf festen Grund bauen», während ihre Heimat im Meer zu versinken droht.

Das Wetter spielt verrückt im Paradies. Wenn es regnen soll, herrscht Dürre. Und während der Trockenzeit regnet es über Tage in Strömen. Zyklone stürzen ganze Landmassen ins Meer. Auf der von Salzwasser gefluteten Erde wächst nichts mehr. Der globale Klimawandel trifft die Inseln im Südpazifik zuerst.

Genau diese Inselgruppe wurde für den diesjährigen Weltgebetstag ausgewählt. Der Weltgebetstag ist eine weltweite ökumenische Bewegung von Frauen aus vielen christlichen Traditionen. Der Gottesdienst zum Weltgebetstag wird jeweils am ersten Freitag im März in über 170 Ländern gefeiert. Christinnen aus dem aktuellen Weltgebetstagsland erarbeiten jeweils die Liturgie.

160'000 Menschen verloren ihr Zuhause
Laut Weltrisikoindex ist kein Land stärker von Umweltkatastrophen bedroht als Vanuatu, das sich über 83 Inseln östlich von Australien im Südpazifik erstreckt. Der steigende Meeresspiegel droht das Land wegzuspülen. Jährlich fegen acht bis zehn Zyklone über die Inseln hinweg. Im März 1995 vernichtete der Wirbelsturm «Pam» 96 Prozent der Ernte, 75’000 Menschen benötigten eine Notunterkunft. Letztes Jahr verloren mehr als 160'000 Menschen ihr Zuhause durch den Zyklon «Harold».

Die Frauen von Vanuatu sorgen für das tägliche Essen der Familie. Sie bauen in ihren Gärten Gemüse und Früchte an, bereiten Gerichte aus Yamswurzeln, Bananen, Taro, Kumara, Maniok und Kokosnüssen zu. Doch die Klimaerwärmung macht den Boden unfruchtbar. «Die Frauen sorgen sich täglich, ob für alle genug zu essen da ist», sagt Salome Kalo, Beauftragte für Nahrungsmittelsicherheit in Vanuatu, in einem Artikel der WOZ.

Ein bedrohtes Paradies
Vanuatu besteht aus Vulkaninseln, die mit einer dichten tropischen Vegetation bewachsen sind: Türkisblaues Meer umspült weisse und schwarze Sandstrände, bunte Fische tummeln sich in schillernden Korallenriffen, Kokospalmen wiegen sich im Wind.

Doch auch Vulkanausbrüche bedrohen das Paradies. Als im September 2017 auf der Insel «Ambae» der 1496 m hohe Vulkan «Lombenben» verstärkte Aktivität zeigt, lässt die Regierung die gesamte Inselbevölkerung von 11'000 Menschen evakuieren. Dasselbe wiederholt sich im August 2018.

Landflucht vergrössert Armut
Die meisten der rund 300’000 Einwohnerinnen und Einwohner von Vanuatu sind melanesischer Abstammung und leben in ländlichen Gebieten, die nicht viele Arbeitsstellen bieten. Junge Erwachsene wandern in die Städte ab, haben aber nicht die nötigen Ausbildungen, um dort arbeiten zu können. «Ich komme vom Land. Schon als junges Mädchen träumte ich, in der Stadt im Tourismus zu arbeiten», erzählt Jacklynda. Die junge Frau fuhr in die Stadt und suchte eine Stelle im Gastgewerbe, vergeblich. So lebt Jacklynda am Rande der Stadt, hat kein Geld für eine ordentliche Unterkunft und Essen.

Frauen haben keine Rechte
Frauen haben entweder innerhalb ihres Stammes zu heiraten oder in einen befreundeten Stamm hinein. Sie gelten noch immer als Eigentum ihrer Männer. Pfarrerin Rahima Ursula Heuberger aus Wollerau ist Mitglied des Schweizer Weltgebetstags-Komitees und kennt die Verhältnisse von einem mehrmonatigen Studienaufenthalt auf Vanuatu. Sie erzählt im aktuellen «frauen forum», wie viele der Männer ihr Tagesgehalt bei abendlichen Trinkgelagen verjubeln. Sie konsumieren ein betäubendes Gemisch aus der Kavawurzel und Wasser. Begehren die Frauen auf, werden sie oft misshandelt. Daher schweigen die meisten und versuchen, so gut es geht, ohne die Unterstützung ihrer Männer zu funktionieren.

Kinder und Haushalt sind auf Vanuatu Sache der Frauen. Doch wenn kein Geld für die Ausbildung, medizinische Versorgung und Mobilität da sei, würden eher die Söhne als die Töchter in die Schule geschickt und den Frauen fehle der Zugang zu grösseren Orten, wo sie Arbeit finden oder ihre Waren verkaufen könnten, erklärt Heuberger. Nur in den Städten können auch Frauen einen Beruf ausüben und unabhängig leben.

Adriana Di Cesare, kirchenbote-online

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