News aus dem Thurgau

Es darf gelacht werden

min
22.03.2021
Osterfreude ist nicht verhalten. Von Anfang an setzt sie in Bewegung und lässt (nicht) zuletzt lachen. Obwohl das Leben oft hart daherkommt. Das Lachen vergeht den Christinnen und Christen aber letztlich nicht.

Ostermorgen. Still und dunkel, fast geheimnisvoll. Vor der Kirche brennt das Feuer. Die neue Osterkerze wird entzündet: «Christus ist das Licht!» Der Weg in die Kirche. Nur wenige Kerzen flackern. Das Osterevangelium. Marias «Er lebt!» erfüllt den Kirchraum. Erstmals erklingen Glocken und Orgel seit dem Karfreitag wieder. Die Gemeinde stimmt ein: «Christ ist erstanden!» Ohne Gesangbuch. Der Text sitzt. Später dann: «Gelobt sei Gott im höchsten Thron...» Und auch hier gilt: Spätestens beim Halleluja-ha-ha singen alle mit. Und wie ein erleichtertes Lachen lässt es sich hören: Halleluja-ha-ha!

Trotzdem lachen
Es ist das Trotzdem-Lachen, das wie ein Zeichen des Befreitseins Raum greift. Seit dem ersten Ostermorgen gilt: Auch wenn Verlust und Sterben nicht aus der Welt sind – das letzte Wort hat der Tod nicht mehr! Es ist also eine Freude, die sich nicht an der Oberfläche zeigt, sondern «hinter der Welterfahrung». Sie zu finden, braucht den tieferen Blick. Wie die Frauen, die ins Grab schauen müssen, um zu hören, zu sehen und darauf zu vertrauen: Jesus ist auferstanden! «Lachen tötet die Furcht», so lässt Umberto Eco den alten Horge in seinem Roman «Der Name der Rose» sagen. Der Witz, der solches hervorlocken kann, ist eine Form «narrativer Inszenierung heiter hingenommener Trauer über die Widersprüche des Daseins, die man nicht ändern kann, mit denen man sich aber auch nicht abfinden muss», so Karl Josef Kuschel. Von der vorreformatorischen Zeit bis zum Teil ins 19. Jahrhundert sollten Kanzelwitze und -märchen am Ostermorgen zur Erheiterung der versammelten Gemeinde beitragen und der österlichen Befreiung Ausdruck verleihen.

Gackern und Krähen
Vielleicht war es die reformierte Nüchternheit, vielleicht mehr noch die Sorge, Anstoss zu erregen im kirchlichen Raum – der Basler Reformator Johannes Oecolampad widersprach dem Brauch, am Ostermorgen die versammelte Gemeinde mit zum Teil recht groben Mitteln gackernd oder krähend zum Lachen zu bringen. Geistreich sollten Predigten sein, «es dürfe aber nicht jedes Mittel recht sein, um Menschen zu Ostern zum Lachen zu bringen», so der Reformator 1518.

Wo Glaube ist, ist ein Lachen
Gisela Matthiae, selbst Theologin, Theaterpädagogin und Clownin, erläutert in ihrem Buch «Wo der Glaube ist, ist auch ein Lachen! », dass Lachen eine Äusserung vitaler Lebensfreude und der lachende Mensch weniger kontrolliert sei. Die Kirche habe sich darum immer mit dem Lachen schwergetan. Trotzdem sind die Evangelischen nicht humorlos. Der Titel des Buches von Matthiae stammt, so die Autorin, ganz bewusst aus den Tischreden Martin Luthers. Und der Schweizer Theologe Karl Barth kommentierte das christliche Verhältnis zum von Freude geprägten Leben: «Ein Christ treibt dann gute Theologie, wenn er im Grunde immer fröhlich, ja mit Humor bei seiner Sache ist. Nur keine verdriesslichen Theologen! Nur keine langweiligen Theologen!»

Könnte unsere Kirche mehr Humor vertragen? Diskutieren Sie mit!

 

(Karin Kaspers-Elekes)

Unsere Empfehlungen

Tafelsilber nicht veräussern

Tafelsilber nicht veräussern

Er ist das «rechtliche Gewissen» des evangelischen Kirchenrats im Thurgau – gerade auch in Fragen rund um die Gebäudeinfrastruktur: Hanspeter Heeb ist es wichtig, dem Kirchengut Sorge zu tragen.
Für ein Stück mehr Lebensqualität

Für ein Stück mehr Lebensqualität

Gut ein Jahr nach dem Beginn des Krieges ist in der Ukraine kein Ende des Konflikts in Sicht. Speziell in der Anfangszeit sprangen viele evangelische Kirchgemeinden in die Bresche, um geflüchteten ukrainischen Familien zu helfen. Nachdem Kanton und Gemeinden mittlerweile viele Angebote aufgegleist ...
Ein Sammler von 150 Glocken

Ein Sammler von 150 Glocken

Glocken hängen im Thurgau nicht nur in Kirchtürmen. Glocken kann man auch sammeln, was Heinz Auer aus Bichelsee fast sein Leben lang getan hat.
Als die grossen Glocken Einzug hielten

Als die grossen Glocken Einzug hielten

Im nächsten Jahr wird das grösste Geläut einer evangelischen Kirche im Kanton Thurgau 100 Jahre alt. Im Jahr 1924 wurden sechs der heute sieben Glocken in einer Prozession zur Bergli-Kirche in Arbon gebracht und aufgezogen.