News aus dem Thurgau

Managen und verwalten – auch in der Kirche

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23.03.2021
Kirchenverwaltung und öffentliche Verwaltung haben viel Gemeinsames. Beide sind Dienstleister. Sie tragen dazu bei, dass Dienste für das Allgemeinwohl der Mitglieder oder der Einwohnerinnen und Einwohner erbracht werden können.

Wie funktioniert Kirchenverwaltung? Vor einem Jahr ist an der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW in Brugg/Windisch der erste CAS-Lehrgang «Verwaltungsleitung in der Kirche» abgeschlossen worden. Der Thurgauer Kirchenratsaktuar Ernst Ritzi hat den Lehrgang besucht und dabei neue Ideen und Impulse erhalten, wie die Thurgauer Kirchgemeinden in ihrer Organisation und Verwaltung wirkungsvoller unterstützt werden könnten.

Was ist bei der Kirche anders?
Ernst Ritzi kommt nach dem CAS-Lehrgang zum Schluss, dass die kirchliche Verwaltung sich trotz Gemeinsamkeiten von der öffentlichen Verwaltung oder von einer Non-Profit-Organisation unterscheidet. Typisch für die Kirche sind ihre nebenamtliche Führung, das Neben- und Miteinander von angestellten, qualifizierten Mitarbeitenden und Freiwilligen sowie Ehrenamtlichen. In der Ausbildung ist auch die Stellung der Pfarrerinnen und Pfarrer und ihre Rolle bei der Gemeindeleitung angesprochen worden. In der Thurgauer Kirche wird das Modell der gemeinsamen Gemeindeleitung gelebt, das Miteinander von Pfarrerinnen und Pfarrern und nebenamtlichen Laien-Behördenmitgliedern. Darin sieht Ernst Ritzi eine kirchliche Spezialität: «Sie passt nicht in die gängige Unterscheidung von strategischer Führung und operativer Tätigkeit.» Speziell ist auch das «Produkt», das die Kirche ihren Mitgliedern anbietet: «Einerseits sind es konkrete Dienste wie kirchliche Trauungen und Abdankungen. Andererseits ist es die Frohe Botschaft des Evangeliums, die persönlichen Glauben entstehen und wachsen lassen will.»

Aufgaben und Kompetenzen klären
Marianne Pfändler arbeitet seit August 2018 als Kirchenpflegerin in Kreuzlingen. Was ihr an ihrer Tätigkeit gefällt, ist das breit gefächerte Aufgabengebiet wie Personaladministration, Liegenschaftsverwaltung, Wahlvorbereitungen und die klassische Buchhaltung. Um ihre Kenntnisse für das anspruchsvolle Amt zu erweitern, besucht sie, als einzige Kirchenpflegerin, den Lehrgang zur Thurgauer Verwaltungsökonomin in Weinfelden. Das Grundgerüst einer öffentlichen Verwaltung kann laut Pfändler gut für eine grössere Kirchgemeinde übernommen werden. Beide Verwaltungen sind Dienstleister. Der Unterschied ist, dass eine Mitgliedschaft bei der Kirche freiwillig ist. Entsprechend müssen Angebot und geistiger Inhalt gewinnend an die Leute herangetragen werden. Lernen lässt es sich bei der Professionalisierung der öffentlichen Verwaltung: Klar deklarieren, wer welche Aufgaben und Kompetenzen zu welchen Tarifen anbietet.

Branca: «Kooperationen ins Auge fassen»
Raimondo Branca, seit Oktober 2020 neuer Leiter Finanzen und Verwaltung der Evangelischen Kirchgemeinde Frauenfeld, kennt sich in der Verwaltung von Non-Profit-Organisationen aus. Zwölf Jahre lang war er unter anderem in der Verwaltung des Massnahmenzentrums Kalchrain tätig. Deshalb kann Branca auch die Unterschiede zwischen einer Kirchgemeinde und einer Non-Profit- Organisation benennen. In einer Kirchgemeinde ist alles reglementiert, was weniger Freiraum lässt. Non-Profit-Organisationen hingegen werden oft von Stiftungen organisiert, so sind die Reglemente offener gehalten. Dafür ist den Kirchgemeinden dank Steuereinnahmen der finanzielle Grundstock gesetzlich gegeben. Dies sei für die strategische Ausrichtung einer Kirchgemeinde sehr wichtig. Im Gegenzug muss eine Non-Profit- Organisation für die finanziellen Mittel wie etwa Spenden aktiv werben. Branca kann sich vorstellen, dass es für Kirchgemeinden sinnvoll sein könnte, Kooperationen einzugehen, so wie es Non-Profit-Organisationen schon länger machen.

 

(Claudia Koch)

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