News aus dem Thurgau

Zerbrechliche Kunst

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21.04.2022
In Thurgauer Kirchen gibt es viele Kostbarkeiten aus Glas. Die Karte «Gläserne Welten» bietet anlässlich des Internationalen Jahres des Glases einen Überblick. Noch heute entstehen im Thurgau neue Kirchenfenster, wenn auch selten.

Ein Eldorado des Glases: So wird der Kanton Thurgau in Bezug auf die zahlreiche Glaskunst in der übersichtlichen Karte «Gläserne Welten – Exkursionen im Thurgau» bezeichnet. Rund zwei Dutzend solcher Schätze, vom Mittelalter bis zur Gegenwart, können mit Hilfe dieser Karte bewundert werden. Die meisten dieser ausgewählten Kunstwerke, in diesem Fall Glasfenster, sind in Kirchen und Kapellen zu finden. Dabei sticht das Gebiet Amriswil und Bischofszell mit etlichen Glasfenstern aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts von namhaften Glaskünstlern wie Köbi Lämmler oder Ferdinand Gehr hervor. Eines der ältesten Glasfenster findet man in Frauenfeld-Oberkirch in der Kapelle St. Laurentius. Es stammt von 1320 und gehört zu den bedeutendsten mittelalterlichen Glasmalereien der Schweiz.

Geschenke zwischen den Klöstern
Figuren- und Stadtscheiben sind im Historischen Museum in Frauenfeld unter dem Jahresthema «Glas und Gloria» zu finden. Die Kartause Ittingen präsentiert wertvolle Scheiben aus der Klosterzeit, die oft als Geschenke zwischen den Klöstern ausgetauscht wurden. Auf der Karte sind Ausflugstipps angegeben, die Frauenfeld als Zentrum des Glases aufzeigen. Ein weiterer Tipp bezieht sich auf die Heiligen Frauen der Glasmalerei und führt dem Bodensee von Romanshorn bis Mammern entlang. Nebst Glasfenstern gibt es im Museum für Archäologie Thurgau auch Glasobjekte zu entdecken, aus der Bronze-, Eisen- und Römerzeit sowie dem Mittelalter.

Anspruchsvolles Handwerk
Wie steht es mit Glasfenstern in der heutigen Zeit, in der keine Kirchen mehr gebaut werden? In der sich, nicht mehr wie im Mittelalter, wohlhabende Familien mit ihren Scheiben ein Denkmal setzen wollen? Neue Glasfenster würden kaum mehr in Auftrag gegeben, sagt Kunstglaser Daniel Hebeisen aus Amriswil. Es ist eine aussterbende Gilde, der er angehört. Und doch hatte er 2014 die Gelegenheit, ein Kirchenfenster im Auftrag der Künstlerin Kundry aus Fruthwilen anzufertigen. «Kirchenfenster sind etwas vom Anspruchsvollsten », sagt Hebeisen. Er ist beeindruckt, wie gut sich die Farben im Glas über Jahrhunderte halten. Diese bleichten fast nicht aus, ein Unterschied zum Originalglas unter dem Blei sei kaum wahrnehmbar. Das Glas für das Kirchenfenster in der reformierten Kirche in Raperswilen stammt aus dem deutschen Waldsassen, wo es verschiedene Glashütten gibt. Das Fenster wurde von Margrit Moll-Aebi in Gedenken an ihren verstorbenen Mann und ehemaligen Ständerat Heinz Moll gestiftet. Am 1. Februar 2015 wurde das Fenster, das die Arche Noah zeigt, im Beisein der Stifterin und der Künstlerin eingeweiht.

Mit den Augen verweilen
Für Kundry, die weitere kirchliche wie auch Fenster in Privathäusern gestaltet hat, symbolisiert Glas die Ewigkeit. Auf Fotos der Entstehungsgeschichte sieht man die Künstlerin beim Entwerfen des Sujets und wie sie die einzelnen Teile mit den Nummern für die Farben beschriftet. Auch sieht man sie unter dem entstehenden Glasfenster liegen, um die Richtigkeit der Farben zu kontrollieren. «Ich war jedes Mal gespannt auf das Resultat», so Kundry. Für sie ist es ein schöner Gedanke, dass die Augen der Kirchenbesuchenden auf ihrem Fenster verweilen.

Weitere Informationen zum Thurgauer Glas unter www.vitrosearch.ch

 

(Claudia Koch)

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