News aus dem Thurgau

Weibeln für die Kirchensteuer

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01.12.2022
Eine Motion im Thurgauer Kantonsparlament hält derzeit die evangelische und katholische Landeskirche auf Trab: Es wird beantragt, dass Kirchensteuern für juristische Personen freiwillig werden.

Mit der Motion verlangt Initiator und Kantonsrat Bruno Lüscher aus Aadorf vom Regierungsrat, dass die gesetzliche Grundlage für Kirchensteuern im Kanton angepasst wird. Er will zusammen mit 33 Mitunterzeichnenden, dass die Kirchensteuer für Unternehmen und andere Institutionen nicht mehr obligatorisch zu entrichten ist.

Im Dezember im Parlament
Es ist damit zu rechnen, dass die Motion noch diesen Dezember im Grossen Rat debattiert wird. Gemäss Informationen aus unterschiedlichen Kreisen ist es denkbar, dass die 130 Mitglieder des Kantonsparlaments die Motion als nicht erheblich erklären könnten. Darauf zählen die Vertretungen der beiden Landeskirchen und weibeln nun in diesen Wochen, damit die Praxis für Kirchensteuern nicht geändert wird.

Die Kirchenräte der Katholischen Landeskirche Thurgau und der Evangelischen Landeskirche Thurgau warnen in einem Schreiben an den Regierungsrat: «Eine Steuer als freiwillig zu erklären, bedeutet faktisch deren Abschaffung.» Es treffe zwar zu, dass natürliche Personen aus der Kirche austreten können. Es handle sich aber hierbei unter Berücksichtigung aller Aspekte nicht um eine Ungleichbehandlung. Die Verfassungskonformität der Kirchensteuer sei vom Bundesgericht bestätigt worden.

Wichtige gesellschaftliche Aufgaben
Die beiden Kirchenräte nennen überdies Gründe, warum es sinnvoll sei, die Kirchensteuer von juristischen Personen auch in Zukunft einzufordern. Sie heben die jahrhundertealte Tradition zahlreicher Bildungs- und Sozialaufgaben im Dienst der Öffentlichkeit hervor.

Die meisten Kirchgemeinden seien zudem im Besitz von wertvollen Kirchen und anderen Gebäuden, die kostenintensiv unterhalten werden müssten und von kulturhistorischem Wert seien. Genau diese Funktion könne dank der jetzigen Kirchensteuerpraxis gut wahrgenommen werden, was anderenfalls in Frage gestellt sei: «Klar ist, dass es für denkmalgeschützte Sakralbauten kaum einfache Lösungen gibt.»

Mehr als religiöse Funktion
Da weit mehr als die Hälfte der Bevölkerung einer der beiden Landeskirchen angehöre, seien die sinnstiftende Wirkung und das wichtige soziale Beziehungsnetz hoch zu gewichten. Weitere Dienste für die Allgemeinheit machen laut den Kirchenräten deutlich, dass die Landeskirchen weit über die religiösen und kultischen Funktionen hinaus einen Nutzen bringen.

Es komme denn auch nicht von ungefähr: Noch in keinem Kanton, wo es ähnliche Vorstösse gegeben habe, sei die Kirchensteuer für juristische Personen abgeschafft worden.

 

(Roman Salzmann)

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