News aus dem Thurgau

«Busse» ist abgegriffen

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24.08.2016
THURGAU. Der Aufruf zum «Busse tun» gehörte zweifellos zum Kerngeschäft unseres Herrn. Seine direkten Nachfolger haben es genauso getan. Was fangen wir heute mit dem Begriff «Busstag» an, der am 18. September begangen wird? Nachfolgend ein paar Gedankenanstösse.

Von Ruedi Bertschi

«Erfüllt ist die Zeit, und nahe gekommen ist das Reich Gottes. Tut Busse und glaubt an das Evangelium!» So lauten die ersten Worte, die uns der Evangelist Markus von Jesus überliefert. Fragt man heute einen Sekundarschüler was «Busse tun» bedeutet, antwortet er: «Das ist, wenn so ein Polizist im Morgengrauen irgendwie aus dem Nichts vor mir auftaucht und mir 40 Stutz abknöpft, bloss weil ich mit dem Velo ausnahmsweise ohne Licht unterwegs gewesen bin.» Und selbst unsere allerhöchsten Bankenverantwortlichen kommunizieren am Tag nach der Verkündigung von Millionen- und Milliardenbussen ihr einhelliges Missbehagen gegenüber der Strafe für ein Vergehen, das in ihren Augen substanziell nichts weiter als ein Kavaliersdelikt darstellt. In der Übersetzung der neuen Zürcher Bibel findet man darum das Wort «Busse» nicht mehr. Es ist von «Umkehr» die Rede. Was Jesus gemeint hat, das war eine innere Umkehr mit äusseren Folgen. Man könnte auch sagen, er forderte zu einem «Gesinnungswandel» auf.

Verkündigung von Umkehr heute

Dadurch, dass Jesus sagt: «Erfüllt ist die Zeit…», ist von Anfang an klar, dass es nicht immer Zeit ist, um zu einer kollektiven Umkehr aufzurufen. Ist die Zeit da, so strömen die Leute. Ist sie nicht da, so beissen wir uns die noch verbliebenen Zähne aus. Vor 40 Jahren hat der Umkehrprediger Wilhelm Pahls vielerorts im Thurgau sein Missionszelt mit 2500 Plätzen gefüllt. Heute organisiert der gleiche Prediger vornehmlich flauschige Flusskreuzfahrten und stärkt die, welche sich anno dazumal bei ihm bekehrt haben. Meine Frau und ich, wir befinden uns beide in den Wechseljahren. Unsere Beziehung muss infolge stetig absinkendem Hormonspiegel auf neue Füsse gestellt werden. Gesinnungswandel!

Gesunde Herausforderung

Neue Fremde im Lande kann man als Bedrohung wahrnehmen. Neue Fremde können aber genauso eine gesunde Herausforderung darstellen mit dem Potential, unsere alte Kirche zu erfrischen und zu erneuern. Gesinnungswandel! Also: Vergessen wir das mit der «Busse». Überlassen wir den Begriff unserer Kantonspolizei und der US-amerikanischen Finanzaufsicht. Füllen wir das, was Jesus meinte neu mit «Umkehr» und mit «Gesinnungswandel».

 

Der Autor Ruedi Bertschi ist Pfarrer in der Evangelischen Kirchgemeinde Romanshorn-Salmsach.

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