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Das Judentum lässt sich ohne das Christentum denken, aber nicht das Christentum ohne das Judentum. Beide Weltreligionen stehen in einem unlösbaren Verhältnis durch das Erste oder Alte Testament, das die jüdische Bibel ist.
Immer noch oder schon wieder kommt es in Europa zu antisemitischen Zwischenfällen. Judenhass hat zugenommen; in der Schweiz wird dies vorerst im Internet und in den sozialen Medien beobachtet. Aus christlicher Sicht ist das beschämend und unerträglich. Deshalb beleuchtet der Kirchenbote einige systematisch-theologische Aspekte.
Der Alte Bund ist nie gekündigt
Der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs hat sich seinem Volk offenbart durch Taten im Noah- Bund, im Abrahams- und Sinai-Bund und durch Worte des Dekalogs. Zusage und Erwählung des Volkes Israel finden immer wieder Ausdruck in der sogenannten Bundesformel: «Ich will euer Gott sein, und ihr sollt mein Volk sein.» (Lev Der christliche Glaube wurzelt im Judentum 26,12 u.a.)
Dieser Bund wird von Gottes Seite nicht gekündigt – trotz der Katastrophe des kollektiven Abfallens von Gott mit der Folge des Exils. Der Prophet Jeremia verheisst einen neuen Bund (Jer 31,31-34), der sich nach Röm 11,25-32 in Jesus Christus erfüllt. Alter und Neuer Bund sind aber nicht im Sinne von Ablösung zu verstehen, sondern die Zusage «Ich will euer Gott sein, und ihr sollt mein Volk sein» bleibt für das Volk Israel in Kraft; sie wird im Neuen Testament geöffnet für die Welt, also für Juden und Heiden. (Joh 3,16; 2 Kor 5,19)
Nach wie vor auserwähltes Volk
Das Ergebnis der paulinischen Theologie zu diesem Thema lautet: Das jüdische Volk ist nach wie vor Gottes auserwähltes Volk. Ganz Israel wird gerettet. Der Bund zwischen Gott und Israel ist nicht nur ungekündigt, sondern auch unkündbar. Die christliche Kirche und das jüdische Volk sind unterwegs vor Gott, beide haben auf unterschiedliche Weise Anteil an diesem Bund.
Für den christlichen Glauben verliert daher die «jüdische Bibel» nicht ihre Gültigkeit; das Alte Testament ist ein Teil ihrer Heiligen Schrift, so schreibt Wilfried Härle. Es besteht kein Grund zur Überheblichkeit gegenüber Juden und Andersdenkenden. Denn «unbegreiflich… und unerforschlich sind Gottes Wege». (Röm 11,33)
Jesus löst nichts auf
Nach Jesus soll nicht der kleinste Buchstabe vom Gesetz aufgelöst werden. (Mt 5,17-18) Gesetz, Propheten, Psalmen, Geschichts- und Weisheitsliteratur gehören mit zu den grundlegenden Gemeinsamkeiten beider Religionen. Unterschiedlich sind die christliche Messianität Jesu und die jüdische Messias-Hoffnung. Ein Konsens ist nicht einzufordern, wohl aber eine Haltung des Respektes, der Hochschätzung und der Liebe gegenüber dem jüdischen Volk.
Gleicher Stammbaum
In der Bibel wird das Volk Israel mit einem fruchtbaren immergrünen Olivenbaum verglichen. Der Apostel Paulus erklärt, dass bei der Entstehung des Christentums neue Zweige, nämlich Menschen aus heidnischen Völkern, auf den Stamm des alten Ölbaums Israel aufgepfropft wurden. Gott hat quasi auf einen bereits kultivierten Baum aufgepfropft, um Anteil an seinen guten Säften zu geben. Diesen Prozess der Aufpfropfung sollen Christen bedenken.
«Deshalb überhebt euch nicht über die Zweige, die ausgebrochen wurden.» (Joh 4,22) Paulus warnt vor Überheblichkeit. «Nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt dich.» (Röm 11,18) Ohne Verwurzelung im jüdischen Glauben bleibe der christliche Glaube fruchtlos, schreibt Gisela Andresen. Bei Martin Buber findet sich der versöhnliche Ausdruck: «Alle Menschen haben Zugang zu Gott, aber jeder einen anderen.»
(Rosemarie Hoffmann, Bild: AdobeStock / anflcreativo)
Der Kirchenbote bietet auch den Kleinen die Gelegenheit, Religion näher kennenzulernen. Auf der Kinderseite erfahren Mädchen und Buben auf spielerische Art mehr über die Bibel und haben die Chance, beim Rätsel-Wettbewerb einen tollen Preis zu gewinnen.