News aus dem Thurgau

Ein Wert, wie vor 2000 Jahren

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23.12.2019
Er stellt sich nicht auf Facebook zur Schau. Sein Handy könnte neuer sein und das Auto, das er fährt, gehört nicht zu den Statussymbolen. Martin Schmidt weiss: «Geld allein macht nicht glücklich.»

Diese Erkenntnis gewann der 56-Jährige jedoch nicht nach mehrmaligem Lesen seines Konfirmationsspruchs, der eine Zeitlang sogar in Vergessenheit geraten war. «Nein, in unserem Elternhaus zählten vor allem geistige und geistliche Werte», erzählt Martin Schmidt. Seine Kindheit sei einfach gewesen, aber sehr behütet. «Bildung, Religion und Kultur: Diese Werte wurden mir und meinen zwei Geschwistern vermittelt.»

Nicht matchentscheidend
Sein Vater, Professor an der Universität Konstanz, fuhr nie ein Auto. Seine Mutter, Lateinlehrerin, tuckerte lange mit einem Renault 4 durch die Gegend. Als Student an der Universität Tübingen nächtigte er während der Ferien im Zelt. Bei seinen Anstellungen als Pfarrer in Sevelen und Berneck, als Dozent an der Pädagogischen Hochschule in Rorschach und vor fünf Jahren als Kirchenratspräsident der Evang.-ref. Kirche des Kantons St. Gallen fragte er nie nach dem Lohn. «Mit vollen Hosen», so sagte jeweils seine Schwiegermutter, «lässt sich gut stinken.» Dies bejaht Martin Schmidt. «Doch das Salär ist nicht matchentscheidend.» Viel wichtiger sei es, dass sich der Mensch wegen des Geldes und des Besitzes nicht versklave, nicht Raubbau jeglicher Art übe, sich auf den den Nächsten einlasse. Für den Theologen Schmidt ist es denn auch spannend, dass bereits ein überschaubares Wüstenvolk vor 2000 Jahren zu diesen Wahrheiten gekommen ist. «Die Werte der Bibel haben sich bis heute nicht verschoben.» Reichtum allein mache nicht glücklich und aus christlicher Perspektive müsste in der Folge auch über ein gesichertes Grundeinkommen diskutiert werden, um soziale Gerechtigkeit zu erlangen. 

Sehr reformiert
Schmidt hat die vorgestellten Konfirmationssprüche und ihre Personen immer mit Aufmerksamkeit gelesen. «Die Verse zur Taufe, Konfirmation, Trauung und zum Tode sind etwas sehr Reformiertes. Und im Kontext mit dem Menschen offenbaren sie ihren eigenen Wert und stiften Identität.» Wer einmal den Sinn seines Konfirmationsspruches entdeckt habe, den rege es immer wieder von Neuem zum Nachdenken an.

 

Text | Foto: Katharina Meier  – Kirchenbote SG, Januar 2020

 

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