News aus dem Thurgau

Das Täuferjahr zeigt Früchte

von Roman Salzmann
min
07.05.2025
Vor 500 Jahren – am 29. Mai 1525 – wurde in Zürich der erste Täufer Eberli Bolt verbrannt. Woran glaubten die Täufer? Und wie fassten sie im Thurgau Fuss? Philipp Sauder, Leitungsmitglied der Evangelischen Täufer-Gemeinde (ETG) Eggstei in Bischofszell, gibt Einblicke.

Woran glaubten die ersten Täufer?
Philipp Sauder: Sie glaubten an die Erlösung und Vergebung ihrer Schuld durch Jesus am Kreuz. Im Geheimen versammelten sie sich anfänglich im Wald, in Höhlen und in Privathäusern. Dort lasen sie gemeinsam die Bibel, beteten und sangen. Sie lehnten aber nach den Grundlagen des Täufertums radikal die Kindertaufe ab und betonten die Glaubenstaufe. Sie setzten sich für Gewaltlosigkeit, Trennung von Kirche und Staat sowie für eine wortgetreue Auslegung der Bibel ein.

Wann haben die Täufer im Thurgau Fuss gefasst?
Es liegen keine Belege vor, dass die Täufer gleich nach der Entstehung der Täuferbewegung in Zürich in den Thurgau kamen. Damals hatte die Bewegung zur Bildung von Mennonitengemeinden geführt – auch «Alttäufer» genannt. Im 19. Jahrhundert gründete der reformierte Pfarrer Samuel H. Fröhlich die sogenannten «Neutäufer». Diese Gruppe kam durch Fröhlich bald nach Hauptwil im Kanton Thurgau, woher seine Ehefrau Susette Brunschweiler stammte. Nach Fröhlichs Tod 1857 sind einige Gemeinden gegründet worden. Im Thurgau in Bischofszell die heutige ETG Bischofszell und in Erlen die heutige ETG Buchwiesen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kam es dann zur Trennung von konservativen Gemeinden, den Taufgesinnten, und den fortschrittlicheren Täufergemeinden – wegen des Tragens eines Bartes.

Der Märtyrerspiegel der Taufgesinnten umfasst über 1000 Seiten.

Der Märtyrerspiegel der Taufgesinnten umfasst über 1000 Seiten.


Wurden auch Thurgauer Täufer wegen ihrer Glaubensüberzeugung getötet?
Das ist nicht bekannt; im über 1000-seitigen Märtyrerspiegel der Taufgesinnten werden sie nur mit Namen genannt, nicht mit ihrer Herkunft.

Wie war das Verhältnis zur offiziellen Kirche in der Gründungszeit?
Der Gründer der Neutäufer, Pfarrer Samuel H. Fröhlich, wurde entlassen. Seine Glaubensüberzeugung entsprach nicht den Vorstellungen der reformierten Kirche, besonders die Ablehnung der Kindertaufe sowie die von ihm proklamierte Glaubenstaufe.

Wie hat sich im Thurgau das Verhältnis zur evangelischen Landeskirche seither entwickelt?
Bis in die 1970er-Jahre waren die Täufer im Thurgau gegenüber der reformierten Kirche skeptisch und distanziert. Vom Emmental ausgehend wurde 2007 zur Erinnerung an die Geschichte der Täuferbewegung das Täuferjahr gefeiert. Dieses Gedenkjahr hatte zum Ziel, «das Verständnis für die Vergangenheit zu wecken, die Bereitschaft einander zuzuhören und sich gegenseitig zu respektieren, zu stärken und tragfähige Brücken für ein gemeinsames Miteinander in die Zukunft zu bauen».

Wie sind die Beziehungen heute?
Das Täuferjahr hat seine Früchte gezeigt. Die beiden Täufergemeinden arbeiten aktiv in der Evangelischen Allianz mit. Das Wichtigste ist das gegenseitige Gebet füreinander. Und, wo nötig, auch weitere Unterstützung.

Jubiläumsfeier in Zürich

Am 29. Mai 2025 findet in Zürich die Jubiläumsveranstaltung «Mut zur Liebe: Anabaptism@500» statt. Sie erinnert an die Anfänge der Täuferbewegung in Zürich. Das Programm umfasst Workshops, Konzerte, Ausstellungen, eine Podiumsdiskussion und einen historischen Stadtrundgang. Den Abschluss bildet ein Gottesdienst im Grossmünster. Mehr Infos: www.anabaptism500.ch

 

 

Unsere Empfehlungen

Versöhnung nach 500 Jahren

Versöhnung nach 500 Jahren

Unter dem Motto «Mut zur Liebe» lädt die Mennonitische Weltkonferenz zu einer internationalen Feier nach Zürich ein. Das Jubiläum markiert die Versöhnung zwischen Landeskirche und Täufern. Nach 500 Jahren endet damit das Kapitel der Täuferverfolgung.
Eine Gewalterfahrung, die weitergeht

Eine Gewalterfahrung, die weitergeht

Der Schlussbericht des Forschungsprojekts «Armut – Identität – Gesellschaft» benennt die Ursachen von Armut. Rechtsanwältin Annelise Oeschger und Sozialdiakonin Mirjam Baumann sehen gesellschaftlichen Handlungsbedarf.