News aus dem Thurgau
Alexandra von Arx am Menschenrechtstag

«Die Umsetzung der Menschenrechte ist ein Prozess»

von Tilmann Zuber
min
04.12.2024
Alexandra von Arx, Autorin und Juristin, spricht am Menschenrechtstag in Olten. Als Wahlbeobachterin verfolgt die Schweizerin Wahlen im Ausland.

Alexandra von Arx ist auf dem Sprung nach Moldawien. Am nächsten Tag fliegt sie in die ehemalige Sowjetrepublik. Dort wird sie als Wahlbeobachterin am Wahltag neben der Urne stehen und das Geschehen verfolgen. Seit über zehn Jahren ist die Oltnerin für die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) unterwegs. Demokratische Wahlen sind für sie ein Fest der Menschenrechte. Sie zeigen, ob Meinungsfreiheit herrscht, alle Kandidaten zugelassen sind, jeder Zugang zu den Wahllokalen hat, niemand diskriminiert wird und ob man sich bei Verstössen beschweren kann.

Menschen aus autoritären Staaten brauchen Zeit, um gewisse Menschenrechte zu verstehen.

Menschenrechte begleiten die Juristin und Autorin Alexandra von Arx ein Leben lang. Am 8. Dezember spricht sie am Menschenrechtstag in Olten. Sie will den Blick auf das Nahe richten. «Wir in der Schweiz halten Menschenrechte für selbstverständlich, aber das ist ein Trugschluss», sagt sie. Menschenrechte müssten immer wieder neu erkämpft werden. Wichtig sei, dass dieser Prozess in die richtige Richtung gehe.

In allen Ländern gibt es Luft nach oben. «Menschen aus autoritären Staaten brauchen Zeit, um gewisse Menschenrechte zu verstehen», sagt von Arx. Diese Zeit müsse man ihnen geben. Die universellen Menschenrechte schützen die Würde des Menschen. Doch bei der Bewertung einzelner Rechte kommt es schnell zur Interpretation, wie man sie gewichtet. «Was nützt es, politische Rechte zu haben, wenn das Dach über dem Kopf fehlt?»

Sprache ein wichtiges Werkzeug

Alexandra von Arx wurde in Olten geboren und wuchs dort auf. Sie besuchte die Kantonsschule und spezialisierte sich nach dem Jurastudium auf Menschenrechtsfragen. 2011 trat sie dem Schweizerischen Expertenpool für zivile Friedensförderung bei. Seither ist sie als internationale Wahlbeobachterin im Einsatz. Ein weiteres Standbein ist die Literatur. Sprache ist für sie als Juristin ein wichtiges Werkzeug. Je präziser sie formuliere, desto mehr Einfluss könne sie nehmen, sagt von Arx. Das Schreiben entdeckte sie als Ausdrucksmittel. 2016 gewann sie den Schreibwettbewerb der LiteraTour Stadt Olten. 2018 erhielt sie den Literaturförderpreis des Kantons Solothurn.

Menschen setzen ihr Leben für Menschenrechte ein

Vor ihrem Jurastudium arbeitete von Arx in einer Asylunterkunft der Caritas. Eigentlich wollte sie Sozialarbeiterin werden, erkannte aber rasch die Bedeutung juristischen Know-hows im Asylbereich. Damals suchten vor allem Tamilen und Personen aus Ex-Jugoslawien in der Schweiz Schutz. Von Arx fand die juristischen Fragen spannend. Später arbeitete sie in Chile im Sekretariat von Amnesty International und beschäftigte sich mit der Aufarbeitung der Pinochet-Ära. Ein Riss ging durch die chilenische Gesellschaft. Die einen forderten die Aufarbeitung der Vergangenheit, die anderen wollten in die Zukunft blicken. Von Arx erlebte, wie wichtig es ist, Opfern von Menschenrechtsverletzungen zu helfen.

Menschenrechte einzufordern, erfordert manchmal Mut.

Das Diskriminierungsverbot ist für von Arx zentral. Es bilde die Grundlage unserer Lebensgemeinschaft, an der alle teilhaben könnten, unabhängig von Hautfarbe, Geschlecht, Religion, Herkunft, Einstellung und körperlicher Verfassung. «Menschenrechte einzufordern, erfordert manchmal Mut», sagt von Arx. Sie bekommt «eine Gänsehaut», wenn sie sieht, wie Menschen in autoritären Staaten ihre Existenz aufs Spiel setzen, um Menschenrechte einzufordern. Wohl wissend, welche drakonischen Strafen sie erwarten.

Von Arx ist sich nicht sicher, wie sie sich in solchen Situationen verhalten würde. Sie masst sich nicht an, zu behaupten, dass sie die Kraft und den Mut zum Widerstand hätte. Aber ihr Engagement bestärkt sie, dass jeder einen kleinen Beitrag leisten kann, um die Welt zu verbessern. «Wenn man vor Bundesgericht die Ansprüche von Arbeitern durchsetzt, die durch Asbest krank geworden sind, dann ist das sehr befriedigend.»

 

Internationaler Tag der Menschenrechte, Sonntag, 8. Dezember, 15 Uhr, Kapuzinerkloster Olten. Mit Halil Hardal, Johannes Rösch, Alexandra von Arx und Stefan Schlegel.

Unsere Empfehlungen

Jeanette Macchi-Meier: «Ich war eine Baby-Christin»

Jeanette Macchi-Meier: «Ich war eine Baby-Christin»

Sie war Miss-Schweiz-Kandidatin, fuhr Lastwagen und sang in der Band E-Rotic. Dann fand sie zu Jesus und moderiert heute die Sendung «Fenster zum Sonntag». Doch bis dahin nahm sie einige, teils schmerzhafte Umwege, wie Jeanette Macchi-Meier im Jugendgottesdienst im solothurnischen Balsthal ...
Reben dank «Grünem Güggel»

Reben dank «Grünem Güggel»

Evangelisch Arbon war eine der ersten Thurgauer Kirchgemeinden, die das Umwelt- und Nachhaltigkeitslabel «Grüner Güggel» eingeführt haben. Ein sichtbares Zeichen ist der Rebberg, der 2024 angelegt wurde.
«Schweigen fällt in einer lauten Welt auf»

«Schweigen fällt in einer lauten Welt auf»

Isabelle von Sinner fordert Frieden ein. Nicht mit Transparenten und Parolen, sondern mit Schweigen. Sie ist überzeugt, dass dieser Ansatz die Welt zum Frieden befreit – ganz im Sinn von John Lennons Zitat: «Stell dir vor, es gibt Krieg – und keiner geht hin.»