News aus dem Thurgau

Düstere Zukunft wegen «Billett-Delikt»?

von Roman Salzmann
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01.09.2025
Klaus Geiger hat ein Herz für verurteilte Jugendstraftäterinnen und -täter: Der Thurgauer Gefängnisseelsorger weiss, welch positive Auswirkungen eine Strafmediation auf das Leben junger Menschen haben kann.

Pfarrer Klaus Geiger ist als Gefängnisseelsorger für die Seelsorge im Kantonalgefängnis Frauenfeld und im Massnahmenzentrum Kalchrain für Insassen und Angestellte zuständig. Gerade in Kalchrain habe er gemerkt, wie wichtig es sei, dass Jugendliche aufgrund eines Massnahmenvollzugs davor bewahrt würden, in den Mühlen der Justiz hängenzubleiben.

So werden junge Menschen im Rahmen von Massnahmen in der persönlichen Entwicklung gefördert, beruflich gebildet und unterstützt, um nicht rückfällig zu werden. Der Seelsorge kommt in diesem Zusammenhang grosse Bedeutung zu, weshalb die Evangelische Landeskirche Thurgau auch ein Teilzeit-Spezialpfarramt für Gefängnisseelsorge verantwortet und finanziert.

Mediationspreis erhalten

Seine Erfahrung und Ausbildung bringt Geiger auch bei der Reformierten Kirche des Kantons Zürich als Gefängnisseelsorger ein, und weil ihm junge Menschen mit schwierigen Lebensentwicklungen am Herzen liegen, hat er sich in den Vorstand des Vereins Strafmediation Zürich wählen lassen.

Die Organisation engagiert sich für Vermittlungsmöglichkeiten im Jugendstrafverfahren. Dafür hat der Verein den Schweizer Mediationspreis des Dachverbands «Mediation Schweiz» erhalten. Der Verein betreibt die Fachstelle für Mediation im Jugendstrafverfahren.

Aussergerichtliches Verfahren

Strafmediation im Jugendstrafverfahren ist ein für alle betroffenen Parteien freiwilliges vor- und aussergerichtliches Verfahren der Konfliktbearbeitung zwischen strafrechtlich beschuldigten und geschädigten Jugendlichen oder jungen Erwachsenen: Eine unparteiliche Drittperson unterstützt die Beteiligten darin, ihren Streit einvernehmlich zu lösen.

In einer vertraulichen Verhandlung entscheiden die Jugendlichen selbst, was sie klären, welche Wiedergutmachung sie leisten und wie sie in Zukunft miteinander umgehen wollen. Die gemeinsamen Beschlüsse halten sie in einer schriftlichen Vereinbarung mit ihren Unterschriften fest.

Reintegration begünstigen

Für Geiger ist klar: «Das ist nur ein Anfang.» Auf den Lorbeeren ausruhen will er sich nicht und hofft, dass das Zürcher Beispiel auch im Thurgau Schule machen wird. In der Gefängnisseelsorge stelle er immer wieder fest, dass zwar Menschen einer Strafe zugeführt werden und für ihre Tat büssen. Indes: «Die Leute werden verurteilt, aber das Gefängnis wirkt sich nicht besonders förderlich aus.» Der Entzug der Freiheit sei lediglich eine Strafe.

Mit restaurierender Justiz könne aber die Reintegration begünstigt werden. Er erwähnt, dass «nur schon Reisen ohne gültigen Fahrschein je nachdem zu einem Strafregistereintrag führen kann». Er sei überzeugt, dass man alternative Wege gehen müsse, um eine möglichst gute Wirkung eines Vollzugs zu erreichen. Das Leid, das Straftäter oder Straftäterinnen verursacht hätten, könne zwar nicht wiedergutgemacht werden. Aber eine Mediation könne positive Auswirkungen auf Täter und Opfer haben, ist Geiger überzeugt. Deshalb sieht er auch die Landeskirchen in der Pflicht.

Mit Vorfall auseinandersetzen

Den Mediationspreis sieht er als Motivation. Der Preis zielt darauf ab, dass das Zürcher Vorbild Kreise zieht: Die Stelle für Mediation biete «ein Verfahren der Konfliktbewältigung ausserhalb des förmlichen Strafverfahrens an». Opfer und Täter würden in die Lage versetzt, sich mit einem Vorfall auseinanderzusetzen und gemeinsam eine Form der Wiedergutmachung auszuhandeln, begründete die Jury ihre Entscheidung.

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