Er ist neugierig auf Menschen
Weitgereist, umtriebig, menschenfreundlich. So könnte man einige Eigenschaften von Samuel Kienast kurz zusammenfassen. Kienast, seit 2011 Pfarrer in Frauenfeld, hatte jedoch als Kind einen ganz anderen Berufswunsch. «Ich wollte Schauspieler oder Lehrer werden», sagt er. Schon als Bub hat er im Altersheim Ukulele gespielt oder ist auf Theaterbühnen gestanden. Er habe ein Faible für das Repräsentative, fügt er an. Dies hat er eindrücklich an den drei Kirchentagen unter Beweis gestellt, als er diese mehrstündigen Anlässe moderierte.
Theologie statt Lehrer-Semi
Kienast ist 1973 im Zürcher Oberland als Pfarrerssohn geboren und mit sechs Geschwistern in Rorbas/Freienstein aufgewachsen. Durch seine Eltern habe er ein positives und offenes Bild von der Kirche erhalten. Er hat viel von der Evangelischen Allianz mitbekommen, sang im lokalen katholischen Kirchenchor. Er hatte Kontakt zu Chrischona und auch zur Heilsarmee. «Gelebte Ökumene», wie er sagt.
Durch all diese Kontakte hat er auch die Schattenseiten des Lebens kennengelernt, wie Bittsteller, die am Pfarrhaus anklopften. Verschiedene Einsätze führten den jungen Mann nach Sierra Leone und nach Rumänien. «Mir war und ist es wichtig, international Begegnungen mit Menschen zu haben, die beispielsweise einen anderen Glauben haben», so Kienast. Oder Menschen, bei denen der Glaube existentiell ist, nicht so eine Selbstverständlichkeit wie bei uns. Bei einer diese eindrücklichen Reisen habe er sich denn auch entschieden, nicht Lehrer zu werden, sondern Theologie zu studieren.
«Schätze die Arbeit an der Basis»
Während des Studiums arbeitete Samuel Kienast sowohl bei der UBS am Bankschalter als auch bei der Gassenküche der Heilsarmee an der Langstrasse in Zürich. Grösser könnte der Kontrast kaum sein. Kienast sagt: «In der Arbeit bei der Gassenküche fusst meine Neugierde auf Menschen. Es gibt in vielen Menschen meist Schönes zu entdecken, auch wenn das Äusserliche nicht ansprechend ist.»
Dieser Blick hinter die Fassade fasziniert ihn noch heute. Nach dem Studium arbeitete er zuerst in Rorbas in der Jugendarbeit. Danach zog die Familie aufgrund einer Anstellung seiner Frau nach Tansania. In dieser Zeit betreute er seine drei Kinder. Seit 2011 ist er nun Gemeindepfarrer in Frauenfeld. Als er für das Amt als Kirchenrat angefragt wurde, sei seine erste Reaktion gewesen, abzulehnen. Kienast erklärt: «Ich schätze die Arbeit an der Basis sehr. Die Zukunft der Kirche liegt mir jedoch gleichermassen am Herzen.»
Seelsorge soll präsent bleiben
Deshalb entschied er sich, das Pfarramt zu reduzieren und künftig auch als Kirchenrat bei den spannenden und entscheidenden Themen mitzuwirken. Bei Fragen wie «Wofür soll es die Kirche geben? Wo geht es hin? Was können wir sterben lassen, was soll es Neues geben?» wird er ab dem 1. Juni 2025 im Kirchenratsgremium mitdiskutieren und mitentscheiden. Das Ressort mit der weltweiten Kirche passe zu ihm – genau wie die Spezialseelsorge im Spital und Gefängnis.
Durch seine Erfahrungen in der Gassenarbeit habe er keine Berührungsängste mit Menschen in schwierigen Lebenslagen. Zudem möchte er sich dafür einsetzen, dass die Seelsorge in unterschiedlichen Gremien und Institutionen weiterhin Bestand und Gewicht habe – etwa im Care Team oder im Spital. Dafür heisse es: Im Gespräch bleiben, damit die Seelsorge präsent bleibt. Gibt es noch etwas auf seiner persönlichen To-do-Liste? Gerne möchte er ins Land der Bibel, nach Israel, reisen und auch dort in erster Linie Menschen treffen.
Er ist neugierig auf Menschen