Evangelisch im heterogenen Garten
Zu Beginn des Gesprächs schält Christina Aus der Au eine eingetopfte Pflanze aus dem Zeitungspapier. Es ist weder Rose noch Lilie. Zum Vorschein kommt eine ziegelrote Nelkenwurz. Eine Küchen- und Arzneipflanze, in der Wildform eher unscheinbar, aber mit der inneren Stärke, ganze Flächen einzunehmen.
Die Blume darf Patin sein für das Bild eines vielfältigen Gartens, mit dem die Theologin und Hochschuldozentin die Evangelische Landeskirche Thurgau gerne vergleicht. Ein Lebensraum, in dem sich die unterschiedlichsten Pflanzen an ihrem Plätzchen entfalten dürften, entsprechend ihren Standortansprüchen. Christina Aus der Au präzisiert: «Das uns Verbindende heisst, gemeinsam Kirche zu sein und das Evangelium zu leben.»
Visionen entwickeln
Ihr gefällt die konstruktive und motivierende Zusammenarbeit im Kirchenrat sowie der Austausch mit den unterschiedlichsten Leuten. An den vierzehntäglichen Halbtagessitzungen der Exekutive sei es ihr wichtig, neben dem Abarbeiten der Traktanden auch mehr Zeit zu haben, um Strategien zu entwickeln: «Gerade in Zeiten des Mitgliederschwunds brauchen wir neue, umsetzbare Ideen, wie wir die Menschen erreichen können. Zugleich wollen wir bewährte Errungenschaften nicht preisgeben.»
Herausfordernd erlebt sie den Umstand, dass die Gesellschaft in den letzten Jahren dünnhäutiger geworden sei. Dies spiele einer Polarisierung in die Hände und färbe auch auf die Landeskirche ab. In diesem anspruchsvollen Umfeld sieht Christina Aus der Au jedoch Chancen für die Gemeinden: «Lasst uns ein Ort sein, wo Menschen Geborgenheit und heitere Gelassenheit erfahren! Eine Oase, wo wir zu persönlichen Unzulänglichkeiten und Fehlern stehen dürfen, ohne gleich angeprangert zu werden.»
Mit ihrem 55-Prozent-Pensum führt Christina Aus der Au die Kirchenratskanzlei, steht für die finanziellen Mittel gerade und vertritt die Evangelische Landeskirche Thurgau gegenüber der Öffentlichkeit.
Aufgaben anpacken
Konflikte entstehen manchmal auch in Gemeindeleitungen. Um den Kirchenrat von Schlichtungsaufgaben zu entlasten, wurde in einem gemeinsamen Prozess den Dekanen der vier Kirchenbezirke eine verstärkte Vermittlungsrolle übertragen. Die Dekane können sich darauf in Weiterbildungen vorbereiten.
Eine weitere Knacknuss der nahen Zukunft wird sein, drohende Personallücken zu schliessen. Deshalb wirbt die Landeskirche künftig auf folgende Art: Studierende der theologischen Fakultäten und des Theologisch Diakonischen Seminar (TDS) in Aarau werden jährlich zu einem Nachtessen mit dem Kirchenrat eingeladen und erhalten Informationen über die hiesige Kirchenlandschaft, sodass sie ein Engagement im Thurgau ernsthaft in Betracht ziehen.
Herzensanliegen:
«Eine vielfältige Kirche bringt uns weiter und ist kreativer », ist Christina Aus der Au überzeugt. Dabei setzt sie auf einen offen ehrlichen, respektvollen Umgang miteinander und baut lieber Brücken, als Gräben aufzureissen. «Wie können wir das, was uns ausmacht, so weitergeben und kommunizieren, damit wir gehört und verstanden werden und mit dem Evangelium die Menschen anstecken können?» Gesucht wird auch ein «Claim», der die DNA der Körperschaft «Evangelische Landeskirche Thurgau» mit zwei, drei Worten auf den Punkt bringt. Vorschläge können gerne bei der Kanzlei eingereicht werden.
Evangelisch im heterogenen Garten