News aus dem Thurgau

Gesucht: Pfarrer und Pfarrerinnen

von Martina Seger-Bertschi
min
05.09.2024
Der Mangel an Pfarrpersonen nimmt auch im Thurgau zu: Es wird immer schwieriger, offene Stellen mit ordinierten Pfarrpersonen zu besetzen. Bereits jetzt helfen deshalb vielerorts Pensionierte aus. Auch Quereinsteigende schaffen Linderung.

Rund 80 Vollzeit-Pfarrstellen gibt es in der evangelischen Kirchenlandschaft im Thurgau. Mehr als die Hälfte der jetzigen Inhaberinnen und Inhaber dieser Stellen wird innerhalb der nächsten zehn Jahre pensioniert.

Allein durch neu ausgebildete Pfarrerinnen und Pfarrer lässt sich dieser Verlust nicht auffangen: Die Zahl der Studierenden in der Deutschschweiz, die pro Jahr ein Theologiestudium beginnen, nimmt ab: in den letzten zehn Jahren von rund 100 auf knapp 40 Studenten.

Blick von aussen einbringen

Oftmals lassen sich offene Pfarrstellen durch Einsätze von pensionierten Pfarrerinnen oder ordinierten Diakonen überbrücken. Dies ist für alle Beteiligten ein Gewinn. Die Kirchgemeinde schätzt beispielsweise die Aussensicht einer erfahrenen Person. Daniel Aebersold, pensionierter ordinierter Diakon, sagt dazu: «Das Hinterfragen von Prozessen und das vorbehaltlose Weitergeben von Eindrücken können helfen.» Auch sein Horizont werde erweitert.

Seit seiner Pensionierung vor sechs Jahren hat er Stellvertretungen in 15 verschiedenen Kirchgemeinden übernommen: Darunter sind viele punktuelle Einsätze wie Gottesdienste, Kasualien (zum Beispiel Trauungen, Beerdigungen) und Religionsunterricht. In Müllheim und Weinfelden arbeitete er im Anstellungsverhältnis über jeweils einen längeren Zeitraum.

 

Im aktiven Ruhestand: Daniel Aebersold hat schon in 15 Kirchgemeinden Stellvertretungen und auch Reiseleitungen übernommen. (Bild: zVg)

Im aktiven Ruhestand: Daniel Aebersold hat schon in 15 Kirchgemeinden Stellvertretungen und auch Reiseleitungen übernommen. (Bild: zVg)

 

Pensionierung hinauszögern

Was schätzt Daniel Aebersold an seinen Einsätzen? «Die Aufgaben als Diakon haben mir stets Freude bereitet und Erfüllung gegeben. Diesen Erfahrungsschatz weiter zu teilen, Gott und den Menschen zu dienen, bereichert mein Leben. So darf ich auch in diesem Lebensabschnitt Neues lernen», antwortet er.

Anstatt in der Pension Stellvertretungen anzunehmen, gibt es immer mehr Pfarrerinnen und Pfarrer in der Deutschschweiz, die über ihr Pensionsalter hinaus in ihrem Pfarramt weiterarbeiten. Ende letzten Jahres waren es 88 Pfarrpersonen – vor neun Jahren viermal weniger.

Nochmals die Schulbank gedrückt

Gleichzeitig gibt es immer wieder Menschen, die sich in der Mitte des Lebens für den Beruf als Pfarrerin oder Pfarrer entscheiden. Seit 2015 existiert für diese das «Quest-Studium» (siehe Hinweis am Schluss). In der Thurgauer Kantonalkirche gibt es derzeit drei Quereinsteigerinnen. Eine ist noch im Lernvikariat, die anderen zwei im Pfarramt.

Susanne Kündig ist eine davon, seit zwei Jahren ist sie Pfarrerin in Berlingen. Bereits vor ihrem Studium hat sie in einer Kirchgemeinde verschiedene Aufgaben übernommen. «Nach meiner Scheidung war ich auf der Suche nach einer Arbeitsstelle – und da stand auf einmal die Möglichkeit im Raum, im Quereinstieg Theologie zu studieren und ins Pfarramt einzusteigen», sagt Susanne Kündig. «So kam es, dass ich im Alter von 49 Jahren nochmals die Schulbank gedrückt habe.»

Als schwierig empfand Susanne Kündig die Organisation der Finanzierung und die teilweise sehr hohe zeitliche Belastung. Und was hat ihr am Studium gefallen? «Zum Beispiel der Kontakt zu und die Diskussionen mit anderen Studierenden, insbesondere den jungen Regelstudierenden, das Eintauchen in die unglaublich spannende Materie der Theologie sowie das Lernen von Hebräisch und Griechisch».

 

Infoabend Quest-Studium

Wann?
Mittwoch, 18. September, 19.30 Uhr

Wo?
Blaufahnenstrasse 10, Zürich

Das Studium beginnt im Herbst 2025 an der Universität Zürich oder Basel. Die Bewerbungsfrist ist bis zum 14. November 2024.

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