News aus dem Thurgau

Listige Wäldener feiern ihre Kirche

von Cyrill Rüegger
min
08.04.2024
Als die evangelischen Wäldener vor 300 Jahren ihre eigene Kirche wollten, machten sie Nägel mit Köpfen. So gelang es ihnen, die herrschenden Zürcher zu überrumpeln.

Vor dem Kirchenbau war Wäldi ein gespaltenes Dorf. Um das Jahr 1700 habe die Grenze der Pfarrei mitten durch den Weiler geführt, erzählt Sandra Meier, Aktuarin der Evangelischen Kirchgemeinde Lipperswil-Wäldi. «Die 26 evangelischen Kirchgänger nördlich des Bächleins pilgerten für den Gottesdienst nach Ermatingen, die 63 Kirchgänger südlich des Bächleins nach Wigoltingen.»

1712 brachte der vierte Landfrieden den Reformierten die Rechtsgleichheit mit den Katholiken. Nun konnten die evangelischen Thurgauer die Pfarreien aufteilen und eigene Kirchen bauen. Die Wäldener machten bald Nägel mit Köpfen: Im April 1723 hätten sie im herrschenden Zürich ein Baugesuch für eine eigene Kirche gestellt, sagt Sandra Meier. Parallel starteten die listigen Wäldener bereits mit dem Bau. Die Zürcher wollten ihn zunächst noch verhindern. Weil der Bau schon so weit fortgeschritten war, erteilte die Tagsatzung im Sommer 1723 letztlich die Baubewilligung. Bereits im November war die Kirche fertiggestellt. Im Frühjahr 1724 wurde sie eingeweiht.

Seither hat es immer wieder kleinere und grössere Renovationsarbeiten an der Kirche gegeben, ist der Chronik von Lehrer Gamper zu entnehmen. Die grösste fand vor 70 Jahren statt. Von damals sind auch noch der heutige Taufstein, die Kanzel und die Bankreihen. 1970 kam die Orgel hinzu. Das 300-Jahr-Jubiläum ihres «schönen, schlichten Kirchleins» feierten die Wäldener, die heute zur Evangelischen Kirchgemeinde Lipperswil-Wäldi gehören, mit einem gut besuchten Familiengottesdienst. Die junge Generation bereicherte die Feier mit einem kleinen Kirchenturm-Theater und selbstgemalten Bildern. Auf reges Interesse stiessen zudem die Turmführungen und eine Karte aus der Anfangszeit der Kirche.

 

Für das 300-jährige Jubiläum wurde die Kirche feierlich geschmückt. (Bild: pd)

Für das 300-jährige Jubiläum wurde die Kirche feierlich geschmückt. (Bild: pd)

Unsere Empfehlungen

Raum für Neues schaffen

Raum für Neues schaffen

Viele Kirchgemeinden im Thurgau bemühen sich, neue Projekte anzugehen. Oft geht dabei unter, gleichzeitig Altes loszulassen. Flavia Hüberli hat sich mit diesem Phänomen beschäftigt.
Sparen spürbar

Sparen spürbar

Das evangelische Kirchenparlament, die Synode, entscheidet am 17. November über eine Motion, die Weiterführung der Fachstelle Start-up Kirche und das Budget 2026.
St. Galler Kirche gewinnt Zwingli-Preis

St. Galler Kirche gewinnt Zwingli-Preis

«Sharing Community», das Projekt für neue liturgische Formen der St. Galler Kirche, wurde mit dem Zwinglipreis ausgezeichnet. Am vergangenen Sonntag nahmen Freiwillige zusammen mit Projektleiter Uwe Habenicht den Preis in Zürich entgegen. Ein Anerkennungspreis ging nach Rapperswil-Jona.
Reben dank «Grünem Güggel»

Reben dank «Grünem Güggel»

Evangelisch Arbon war eine der ersten Thurgauer Kirchgemeinden, die das Umwelt- und Nachhaltigkeitslabel «Grüner Güggel» eingeführt haben. Ein sichtbares Zeichen ist der Rebberg, der 2024 angelegt wurde.