News aus dem Thurgau

Neue Gebete unter der Sternenkuppel

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01.12.2022
Nach vier Jahren Bauzeit nimmt die Aksa-Moschee am Schalterweg ihren Betrieb auf. Die reformierte Kirche hat für die Eingangstür mitgespendet.

Der Gebetsraum liegt direkt unter der lindgrünen Kuppel mit dem kleinen silbernen Halbmond. Bis zu 250 Gläubige können dort beten. Die vielen Fenster verleihen dem Raum Weite, die Farben Türkis, Gold und Weiss eine dezente Eleganz. Der Gebetsraum macht einen Drittel des dreistöckigen Gebäudes aus, dessen moderne Bauweise die Handschrift des Architekten Paride Castiello trägt. Der Rest setzt sich aus Gemeinschaftsräumen und aus der Wohnung des Imam zusammen.

Gemeindezentrum statt Grossmoschee
Der blaue Teppich mit dem goldfarbenen Muster im Gebetsraum war am Tag der offiziellen Erönung kaum zu sehen, so viele Menschen drängten sich in den Saal. Die Stuhlreihen waren schnell belegt, weitere Männer, Frauen und Kinder setzten sich auf den Boden.

Als historischen Moment bezeichnete Ibrahim Erdogan, Präsident des Türkisch-Islamischen Vereins Schaffhausen, die Erönung der Moschee. Er erinnerte an die Zeit vor 60 Jahren, als die ersten türkischen Gastarbeiter in die Schweiz gekommen waren. «Sie haben sich zum Gebet in staubige Winkel der Fabriken zurückgezogen, um niemanden zu stören. Ein Gemeindezentrum wie dieses wäre undenkbar gewesen.»

Misstrauen gegen Bauprojekt
Er blickte in seiner Ansprache zurück auf die schwierige Bauphase. Nach der Baubewilligung im Jahr 2018 wollte keine Bank den Kreditantrag des Vereins akzeptieren. In Medienberichten hiess es, dass die türkische Regierung die Moschee über Umwege mitfinanziere. Zudem befürchteten Kritiker, dass die aus Ankara entsandten Imame Sprachrohre für Erdogan-Propaganda seien. In der Folge geriet das Bauprojekt ins Stocken. Als Reaktion entschied sich der Verein zur Transparenz: Er lud die Bevölkerung zum Fastenbrechen ein, um über das Projekt zu informieren und Ängste abzubauen.

Trotz grosser Resonanz blieb das Bauprojekt beschwerlich: Vereinsmitglieder erbauten die Moschee am Feierabend und finanzierten das Projekt über unzählige Spenden und Darlehen. Der Interreligiöse Dialog Schaffhausen (IRDSH) unterstützte den Verein während der Bauzeit, indem er ihm kirchliche Räume für die Gebete an hohen Feiertagen vermittelte. Das Gebäude ist zwar ein Gotteshaus. «Es soll aber ein Ort der Begegnung für alle werden», so Erdogan. Als Symbol dafür steht das Geschenk, für das die drei Landeskirchen unter der Schirmherrschaft des IRDSH gesammelt hatten: die blaue Eingangstür. «Sie steht für die Hoffnung, dass die Moschee ein Ort des Dialogs sein wird», so der reformierte Pfarrer Markus Sieber vom IRDSH. «Sie haben uns eine Tür geschenkt, und wir werden sie ebenso offen halten wie die Türen zu unseren Herzen», bedankte sich Imam Ibrahim Keskinsoy im Namen der Gemeinde.

«Unsere Stadt ist für alle da»
Stadtpräsident Peter Neukomm wandte sich in einer spontanen Rede an die Anwesenden: «Unsere Stadt ist für alle da. Für uns spielt es keine Rolle, welche Hautfarbe jemand hat und welcher Religion jemand angehört. Wenn wir gegenseitig Toleranz, Offenheit, Friede und Solidarität leben, bin ich stolz auf unsere Stadt.»

Die türkische Botschafterin in der Schweiz, Ece Acarsoy, sprach von Selbstvertrauen, aber auch von der Verantwortung, mit der man in die Zukunft gehe. Besonders wichtig sei, dass die Moschee auch viel Platz für die Bedürfnisse von Frauen und Kindern biete.

Tür soll offen bleiben
Grossstadtrat Ibrahim Tas betonte die liberale Ausrichtung der Moschee: «Jegliche Motivation für Extremismus hat hier keine Chance.» Für ein friedliches Zusammenleben brauche es Transparenz und Vertrauen. «Die Moschee soll als Teil der Schaffhauser Bevölkerung ein Mehrwert sein.» Führungen sowie kulturelle und interreligiöse Veranstaltungen sollen dazu beitragen, den Islam kennen zu lernen und Misstrauen vorzubeugen.

Den Auftakt dazu machte eine Woche nach der Eröffnung eine Gesprächsrunde in der Aksa-Moschee im Rahmen der «Woche der Religionen». Thema: «Wie sich unser Glaube verändert, je nach der Kultur, in der wir leben».

Adriana Di Cesare, kirchenbote-online

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