News aus dem Thurgau

Pfingsten im Raum der Stille

von Meike Ditthardt
min
26.04.2024
An Pfingsten kam der Heilige Geist auf die Erde zu den Jüngern Jesu. Das Ergebnis war, dass sie plötzlich alle Sprachen sprechen und so den Menschen überall von Jesus erzählen konnten. Eine Geschichte von Völkerverständigung also. Erlebbar ist das manchmal auch im Raum der Stille im Bundesasylzentrum Kreuzlingen.

Im Bundesasylzentrum treffen sich Menschen aus unterschiedlichen Ländern und Kulturen. Auch wenn die Sprache manchmal ein Hindernis ist und es einer Übersetzung bedarf, sind hier ein friedliches Miteinander, Verständnis füreinander, Stille vor Gott und Austausch über Gott möglich. Der Raum der Stille ist ein Zufluchtsort für Menschen, die beten möchten, eine Zeit der Ruhe benötigen oder ein Gespräch mit den Asylseelsorgenden wünschen. Auch gemeinsames Bibellesen oder Gebet ist ein vielfacher Wunsch der Asylsuchenden.

Tröster
Heute sind Frauen und Männer in unterschiedlichem Alter aus Eritrea, dem Iran, dem Kongo und der Elfenbeinküste in den Raum der Stille gekommen, um sich mit mir als Seelsorgerin auszutauschen und in der Bibel zu lesen. So versuche ich, zwischen Englisch und Französisch hin und her zu wechseln, damit wir einander verstehen. Eine Frau erzählt von ihrer Flucht mit den Schlepperbooten, wie nahe sie dem Tod dort war, wie dankbar sie ist, dass Gott sie aus dieser lebensbedrohlichen Situation herausgeholt hat.

 

Per Klick den Raum der Stille im Bundesasylzentrum entdecken.
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Eine andere Frau schaut sie mitfühlend an und traut sich nun, von ihrer schwierigen Situation im Iran zu erzählen, wo sie sich in einer Untergrund-Hausgemeinde verstecken und alle Kontakte zu ihrer Familie abbrechen musste und auf der Flucht schlimme Erlebnisse hatte. In der Geschichte von Jona finden sich viele wieder: im Sturm, im «über Bord Gehen», in der Rettung und im «ausgespuckt Werden» an ein neues Land. Es gibt ihnen Hoffnung, dass Gott einen Plan hat. Das gilt auch für einen 17-jährigen Waisen, der auf der Flucht seine Tante bei einem Sturm auf einem Flüchtlingsboot verlor. Auch wenn ihn manchmal Alpträume quälen, findet er Trost in dem Profilbild, das seine Tante kurz vor ihrem Tod auf ihrem Mobiltelefon eingerichtet hat: «N’oublie jamais que Dieu a tout planifié pour toi.» (Deutsch: «Vergiss nie, dass Gott einen Plan für dich hat.») Es herrscht eine grosse Offenheit, und alle möchten ihre Geschichten erzählen, vor Gott bringen und Trost finden.

Helfer
Das erinnert an Pfingsten. Als Jesus diese Erde verliess, versprach er: «Der Helfer, der Heilige Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird, wird euch alles Weitere lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.» (Joh. 14,26) Der Heilige Geist wird hier im Griechischen als «Paraklet» bezeichnet. Man kann diesen Begriff mit Helfer, Ratgeber, Beistand, Tröster und Fürsprecher übersetzen. Im Gespräch mit Asylsuchenden ist oft erlebbar, wie der Heilige Geist als der grosse Tröster und Helfer auftritt. So auch an diesem Morgen: Das Aussprechen und Vor-Gott-bringen ist entlastend und hilft, sich neu zur orientieren.

Friedensbringer
Es ist beeindruckend, wie heilig und bedeutend die Bibel für manche Asylsuchende ist. Eine ältere Frau hat sich nach einer langen Odyssee dazu entschieden, in das Rückkehrerprogramm der IOM (Internationale Organisation für Migration) einzusteigen und in ihr Heimatland zurückzukehren. Zum Abschied wünscht sie sich eine französische Bibel in Grossdruck. Als ich sie ihr überreiche, strahlt sie über das ganze Gesicht – wie ein Kind, das endlich das ersehnte Geburtstagsgeschenk erhält. Als fielen Weihnachten, Ostern und Pfingsten zusammen. Ehrfürchtig packt sie das kostbare Geschenk aus und bittet mich um eine Widmung und ein Gebet. Dieselbe Frau hatte mich wegen einer Panikattacke vor drei Wochen notfallmässig rufen lassen, jetzt ist sie in völligem Frieden. Das ist auch ein Geschenk des Heiligen Geistes: «Es geht darum, dass wir ein Leben nach Gottes Willen führen und mit Frieden und Freude erfüllt werden, so wie es der Heilige Geist schenkt.» (Röm. 14,17)

 

Das Pfingstwunder


Elin Zellweger aus Braunau gewann mit ihrer Zeichnung den Malwettbewerb.

50 Tage nach dem Passafest erinnert das jüdische «Wochenfest» an die Gabe der Zehn Gebote und damit an den Bund Gottes mit dem Volk Israel. Dieses Fest feiern auch die Jünger, als sie ein «mächtiges Rauschen» hören und «etwas wie Feuer» sich in Form von «Flammenzungen» auf ihnen niederlässt: Der Heilige Geist kommt auf sie herab und erfüllt sie.

Sofort beginnen sie, allen voran Petrus, anderen zu verkünden, was sie selbst erlebt haben. Dass sie plötzlich in vielen Sprachen sprechen und alle Zuhörenden sie verstehen können, steht zeichenhaft dafür, dass die Zerstreuung der Menschheit, die in der Verwirrung der Sprachen beim Turmbau von Babel ihren Anfang genommen hat, nun wieder aufgehoben wird. Vom Geist Gottes, dem Geist der Liebe und des Friedens, geleitet, beginnt eine Bewegung, die die Christusbotschaft in die Welt trägt. Das ist die Geburtsstunde der Kirche.

Die Kinderzeichnungen, die zum Thema «Pfingsten» eingereicht wurden, bringen diesen Moment zum Ausdruck: Elin Zellweger gewann mit ihrer Zeichnung (rechts) das Voting der Redaktionskommission und damit einen Eintritt ins Conny-Land in Lipperswil.

 

 

Pfingsten: Alle Kinderzeichnungen entdecken

Leandro Gehrig.
Elin Zellweger.
Kim Baumgartner.

 

 

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