News aus dem Thurgau
Ruhetagsgesetz Thurgau

Ruhetage: Wie sollen wir uns entscheiden?

von Ernst Ritzi
min
28.08.2025
Am 28. September entscheidet der Thurgau über eine Lockerung des Ruhetagsgesetzes: An den fünf hohen Feiertagen sollen in Zukunft auch Kultur- und Sportveranstaltungen stattfinden können.

Mit der Revision des Ruhetagsgesetzes soll das geltende grundsätzliche Verbot von nicht-religiösen Veranstaltungen an Karfreitag, Ostersonntag, Pfingstsonntag, Eidgenössischem Dank-, Buss- und Bettag und Weihnachtstag gelockert werden.

Dem «gesellschaftlichen Wunsch» nachkommen

In der Abstimmungsbotschaft heisst es, dass das Verbot von nicht-religiösen Veranstaltungen an den hohen Feiertagen in dem Sinne «moderat» gelockert werden soll, dass kulturelle und sportliche Veranstaltungen erlaubt sind, wenn sie in geschlossenen Innenräumen stattfinden und daran nicht mehr als 500 Personen teilnehmen.

Begründet wird die auf eine parlamentarische Initiative zurückgehende Gesetzesrevision damit, dass «der gesellschaftliche Wunsch zu spüren» sei, Veranstaltungen nicht-religiöser Art «in einem definierten, engen Rahmen» zuzulassen.

 

 

Thurgauer Kirchenräte: «Wohl nicht aufzuhalten»

Die beiden Thurgauer Kirchenräte hatten in ihrer gemeinsamen Vernehmlassungsantwort zum Entwurf des Ruhetagsgesetzes festgehalten, dass «die vorgeschlagene Lockerung wohl nicht aufzuhalten» sei. Die beiden Landeskirchen würden sich «deshalb nicht aktiv gegen die vorgeschlagene Lockerung des Veranstaltungsverbots für Veranstaltungen nicht-religiöser Art zur Wehr setzen».

Die beiden Kirchenräte haben aber deutliche Vorbehalte geäussert: «Mit der vorgeschlagenen Lockerung wird die Feiertagsruhe beeinträchtigt. Ruhe, Besinnung und Einkehr gehören zu unserem gelebten Glauben, sind Ausdruck der christlichen Tradition und Bestandteil der christlich geprägten Kultur unseres Landes.» Die Redaktion des Kirchenboten hat zwei Mitglieder des Grossen Rates gefragt, warum sie ein «Ja» beziehungsweise ein «Nein» empfehlen.

 

Sich besinnen und bewusst innehalten

 

Maya Brühlmann-Zwahlen, Kantonsrätin SVP, Sulgen. (Bild: zVg)

 

Was bedeuten die fünf hohen Feiertage für den Thurgau? Diese Frage stellte ich mir, als es um das Ruhetagsgesetz ging. Im heutigen Ruhetagsgesetz sind fünf hohe Feiertage ausgewiesen. Eine Errungenschaft, um der arbeitenden Bevölkerung diese fünf besonderen Feiertage noch etwas spezieller zu machen, da bei vier der fünf hohen Feiertage noch ein freier Tag folgt, an dem kommerzielle Veranstaltungen möglich sind.

Mit der aktuellen Regelung haben wir Thurgauerinnen und Thurgauer jedes Jahr die Möglichkeit, uns mit diesen Feiertagen auseinanderzusetzen. Gerade an Karfreitag und Ostern sieht man, wie nah Freud und Leid liegen. Vielleicht vergisst man an Weihnachten vor lauter Essen und Geschenken den Grund dieses Festes, und bei Pfingsten muss ich immer mal wieder überlegen, was gefeiert wird.

Der Dank-, Buss- und Bettag wurde mit der Gründung der modernen Schweiz eingeführt und diente zur Verständigung der verschiedenen Konfessionen. Dieser Feiertag sollte gerade in der heutigen Zeit ein Tag der Verständigung sein.

Die fünf hohen Feiertage bedeuten heute für viele von uns Einschränkungen: Sie sind in der heutigen Zeit nicht mehr gewünscht.

Doch Einschränkungen dürfen sein. Wir können diese fünf hohen Feiertage nutzen, uns auf unser christliches Fundament zu besinnen oder einfach bewusst innehalten. Nutzen wir diese Feiertage auch künftig für innere Einkehr und Dankbarkeit. Schön, dass wir uns zu solchen Fragen äussern dürfen!

Den Bedeutungswandel mit Verboten stoppen?

 

Felix Meier, Kantonsrat SP, Romanshorn. (Bild: zVg)

 


Sicher, das aktuelle Ruhetagsgesetz mit seinem Verbot der nicht-religiösen Veranstaltungen an den fünf hohen Feiertagen, hat(te) sicher seine historisch begründete Berechtigung.

Sicher, Ruhe, Stille, Kontemplation sind mehr als nur wünschenswerte Übungen oder Schlagworte, damit gestresste Mitmenschen wieder etwas herunterfahren können. Nur, wenn ich mir die Ergebnisse der regelmässig um diese Feiertage herum erfolgenden Strassenumfragen nach Hintergrund, Herkunft und Bedeutung derselbigen zu Gemüte führe, dann beginne ich schon an verschiedenen Dingen (unter anderem an unserem Bildungssystem) zu zweifeln. In einem Satz: Keinen blassen Schimmer!

Und ich halte das für durchaus bedenklich. Und ich sehe keinen Grund, diese hohen Feiertage abzuschaffen. Aber ich bin auch der Überzeugung, dass die Aufrechterhaltung des «Tanzverbotes» niemanden zur Einkehr und keinen Sportgeniesser, keinen Sportbegeisterten und keinen Kulturgeniesser in «Dank-, Buss- und Bettagsstimmung» bringt.

Ebenso wenig wird es die Kenntnisse über und das Verständnis für diese Tage fördern. Ganz generell, das Hochhalten tradierter Werte ist sinnvoll, aber nicht, den Menschen diese Werte per Verbot aufzuzwingen.

Werte, Haltungen, Einstellungen lassen sich weder verordnen noch verbieten. Das ist für mich eine tröstliche Erkenntnis. Denn sie bedeutet: Wir müssen Traditionen, Bräuche und Überzeugungen leben. Dann leben sie auch ohne Verbote weiter. Wahrscheinlich sogar besser!

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