Voneinander lernen
Knapp 16'000 Musliminnen und Muslime leben im Thurgau. Das sind rund sieben Prozent der Bevölkerung. Zum Vergleich: Der evangelisch-reformierten und der römischkatholischen Konfession gehören je rund 27 Prozent der Thurgauerinnen und Thurgauer an.
«Die muslimische Präsenz begann mit der Arbeitsmigration aus der Türkei und dem ehemaligen Jugoslawien ab den 1960er-Jahren», erklärt Matthias Loretan, pensionierter katholischer Theologe und Präsident des Interreligiösen Arbeitskreises im Thurgau. In den 1990er-Jahren hätten die Flüchtlinge aus dem Balkan die muslimische Bevölkerung stark wachsen lassen.
Gegenseitig bereichern
Der Islam ist also Teil der Thurgauer Realität. Wie das Christentum sei er eine Religion, die von sehr unterschiedlichen Menschen in unterschiedlichen Ausprägungen gelebt werde, gibt Christina Aus der Au, Präsidentin des Kirchenrats der Evangelischen Landeskirche Thurgau, zu bedenken. Generelle Aussagen seien entsprechend schwierig.
Sie sei indes überzeugt, dass ein Nebeneinander von Islam, Christentum und anderen Religionen im Thurgau problemlos möglich ist. «Ein Miteinander im Sinne einer gegenseitigen Bereicherung findet zum Beispiel im und mit dem Interreligiösen Arbeitskreis statt, der eine interreligiöse Bettagsfeier und andere Anlässe organisiert.»
Thurgau als Vorreiter
Ein weiteres Beispiel für das Miteinander ist der Islamische Religionsunterricht (IRU). Gemäss Loretan nimmt der Thurgau hier schweizweit eine Vorreiterrolle ein. Angeboten werde der IRU – analog zum konfessionellen christlichen Religionsunterricht – aktuell in vier Schulgemeinden (Kreuzlingen, Sulgen, Romanshorn und Bürglen). Eine Fachgruppe des Interreligiösen Arbeitskreises habe auf das aktuelle Schuljahr hin zudem den ersten IRU-Lehrplan der Schweiz erarbeitet.
Der IRU hat seit dem Start vor 15 Jahren auch immer wieder für Kritik gesorgt. Loretan und die anderen Initianten sehen indes grosses Potenzial: «Der IRU unterstützt die Integration muslimischer Schülerinnen und Schüler, indem er ihnen hilft, sich in der Gesellschaft besser zurechtzufinden. » Gegenseitige Dialoge und Kooperationen sehe er generell als Chance, einen interreligiösen Lernprozess auszulösen.
Podium zur Stellung des Islams im Thurgau mit Christina Aus der Au und Matthias Loretan: Mittwoch, 12. November, 19.30 Uhr, Rathaussaal in Weinfelden.
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