«Was am Ende noch trägt»
Die sensibel gestaltete Broschüre will jenen spirituellen Erfahrungsschatz öffnen, den Menschen über Jahrhunderte gesammelt haben, um dem oft so unaussprechlichen Erleben am Lebensende Ausdruck zu geben. Die Auslese umfasst denn auch Texte am Rande des Sagbaren. Dabei greift sie zurück auf Gedichte, Gebete, Geschichten und Aphorismen des christlichen Kulturkreises, öffnet aber den Blick weit darüber hinaus. Illustriert ist sie mit zarten Gaze-Bildern der St.Galler Künstlerin Verena Staggl.
«In der Zerbrechlicheit des Lebens leuchtet auch etwas von seiner Kostbarkeit auf», erklärt Renata Aebi den Ansatz. Die Theologin aus Sargans ist Projektleiterin für Seelsorge in der Palliative Care der reformierten Kantonalkirche und hat die Publikation angeregt und forciert. Das Büchlein sei ein Sprachangebot für Betroffene und Begleitende, pflichtet Karin Kaspers-Elekes bei, die Präsidentin von Palliative Ostschweiz. «Die Texte wollen auf der Suche nach dem, was trägt, begleiten.»
Seelsorge leistet einen Beitrag
Die Broschüre belegt denn auch, dass die einst noch belächelte Seelsorge längst im professionellen Umfeld angekommen ist. «Sie bringt sich als Expertin der Spiritual Care ein und wird als integraler Bestandteil der Palliativ-Pflege geschätzt», hält Aebi fest. Sie verweist auf den
hohen Qualitätstandard moderner Spitalseelsorge, der in langer akademischer und praktischer Ausbildung erworben werde.
Sie freue sich zudem über die Offenheit von Pflege, Medizin, Therapie und Psychologie für spirituelle Fragen. Seelsorge dürfe im fachübergreifenden Bemühen um ein «gutes Leben bis zuletzt» verdeutlichen, welche Ressource spirituelle Aspekte bei Krankheit, Abschied und Tod hätten. Ihre Stärke liege auch in der Chance, durch Feiern und Rituale Lebensvergewisserung spürbar zu machen. Das Buchprojekt erweise sich dabei als wertvolle Handreichung. Beiträge aller Ostschweizer Kirchen, reformiert wie katholisch, haben den Druck ermöglicht.
Vier Anlässe in den Regionen
Jetzt sind vorab 12 000 Exemplare des Büchleins gedruckt. Sie werden nach und nach gratis an Interessierte, Betroffene und Institutionen abgegeben, in St.Gallen, Thurgau, Appenzell und Glarus. Zudem stellen die beiden Macherinnen die Schrift an vier regionalen Anlässen vor. Die Reihe startet am 9. Juni im Pflegeheim Werdenberg, am 16. Juni gehts im Kirchgemeindehaus Wil weiter, am 23. Juni steht das Evangelische Zentrum Rapperswil-Jona offen und zuletzt am 30. Juni die Chileschüür von Wigoltingen im Thurgau.
Um 19.30 Uhr starten die Abendanlässe, jeweils begleitet von Musik, mit Klavier, Gesang, Gitarre oder Harfe. Karin Kaspers-Elekes referiert über die «Bedeutung des Netzwerks für Betroffene und Bezugspersonen», Renata Aebi spricht über die «Unterstützung von Seelsorge in Krankheit und Sterben». Der Eintritt ist frei.
Text und Fotos: Reinhold Meier, Wangs – Kirchenbote SG, Juni-Juli 2016
«Was am Ende noch trägt»