Ein Racheakt der brutalsten Art
Eine Prinzessin wünscht sich den Kopf eines unbequemen Propheten auf dem Silbertablett serviert. Eigentlich war es nicht Salomes Wunsch, sondern der Wunsch ihrer Mutter Herodias. Ihr war Johannes der Täufer zu nahegetreten, als er sie und ihren zweiten Ehemann Herodes dafür gebrandmarkt hatte, dass der König Ehebruch begangen hatte: «Es ist nicht recht, dass Du sie hast.» (Matth 14,4) Herodias war die Frau seines Bruders Philippus. Herodes begehrte sie und verstiess seine erste Frau.

König Herodes tappt in Falle
Herodes ist wankelmütig. Seine zweite Frau Herodias sucht nach einer Gelegenheit und nach einem Argument, um ihren Mann dazu zu bringen, den unliebsamen Propheten, der sie und ihre Beziehung zu Herodes gebrandmarkt hat, ein für alle Mal loszuwerden. Sie findet einen Weg. Sie weiss, dass ihr zweiter Mann dem Liebreiz und Anmut ihrer Tochter Salome nicht widerstehen kann.
Die Gelegenheit kommt beim festlichen Gelage zu seinem Geburtstag. Prinzessin Salome tanzt vor der Festgesellschaft und ihr Stiefvater Herodes ist begeistert. Ob auch noch etwas Alkohol im Spiel war, verrät der biblische Bericht nicht. Vollmundig verkündet Herodes, dass er seiner Stieftochter als Belohnung für den traumhaften Tanz jeden Wunsch erfüllen werde. Er setzt nur eine Grenze – sollte es um Besitz gehen, dann höchstens die Hälfte seines Königreichs.
Das ist der Moment, auf den die auf Rache sinnende Herodias gewartet hat. Sie flüstert Salome ihren grössten Wunsch ins Ohr, mit dem sie bei ihrem Ehemann Herodes nie durchgedrungen war: Der Prophet Johannes der Täufer sollte dafür büssen, dass er sie und ihre zweite Ehe mit dem Bruder ihres ersten Mannes Philippus angeprangert hatte.
+++ Im Eilverfahren enthauptet +++
Der gefangen gesetzte Prophet und Täufer Johannes ist am Rande der gestrigen Geburtstagsparty von König Herodes in einem Eilverfahren enthauptet worden. Für das Geburtstagsfest hatte sich die zweite Frau des Herrschers etwas Besonderes einfallen lassen: Ihre Tochter Salome, bekannt für ihre betörenden Auftritte, die insbesondere die Männerwelt erfreuen, sollte zu Ehren ihres Stiefvaters auftreten.
Begeistert von der Performance, gewährte Herodes seiner Stieftochter in einer Erklärung vor den geladenen Gästen einen Wunsch. Nach Rücksprache mit ihrer Mutter wünschte sich Prinzessin Salome, der im nahen Gefängnis inhaftierte Prophet Johannes der Täufer solle enthauptet und der abgeschlagene Kopf ihr auf einem Silbertablett präsentiert werden.
Es war bekannt, dass Herodias ihrem Gatten Herodes schon lange in den Ohren gelegen hatte, den unbequemen Kritiker Johannes den Täufer aus der Welt zu schaffen. Johannes hatte öffentlich erklärt, dass die Ehe, die Herodes mit der Frau seines Bruders Philippus eingegangen war, wieder die göttliche Ordnung sei.
Blick in menschliche Abgründe
In einem an Brutalität kaum zu überbietenden Geschehen am Hof von König Herodes treten die Abgründe menschlichen Zusammenlebens schonungslos zutage: Menschen üben Macht aus und lassen sich von Habgier, Eifersucht, Hass und Intrigen leiten. Verführung und Intrige bringen Herodes an einen Punkt, an dem er nicht mehr zurückkann. Er hat versprochen, jeden Wunsch seiner Stieftochter Salome zu erfüllen. Würde er das nicht tun, verlöre er sein Gesicht. Herodes ist sich nicht sicher, weil er befürchtet, dass die Ermordung des Täufers eine göttliche Strafe nach sich ziehen könnte.
Die Enthauptung des Johannes findet – wenige Jahre später – ihre Wiederholung, als der Wanderprediger Jesus, der den Menschen in der Bergpredigt einen Blick in eine Welt aufzeigt, in der Wahrheit, Wahrhaftigkeit, Sanftmut und Liebe das Sagen haben, von der römischen Herrschaft – mit dem Segen von Herodes – gekreuzigt wird.

Ermahnung an die Mächtigen
Die amerikanische Bischöfin Mariann Budde hat den neuen US-Präsidenten Donald Trump bei dessen Amtseinsetzung gemahnt, dass er als mächtigster Mann der Welt den Menschen gegenüber auch Barmherzigkeit und Mitgefühl zeigen sollte. Die Bischöfin hat mich an Johannes den Täufer erinnert. An Johannes den Täufer hat mich auch Alexej Nawalny erinnert. Er hat offen angeprangert, dass der russische Präsident Wladimir Putin sich masslos bereichert und wie viele andere Oligarchen das eigene Volk bestiehlt. Nawalny hat dafür mit seinem Leben bezahlt. Er wurde vergiftet, hat knapp überlebt, ist in seine Heimat zurückgekehrt und im Gefängnis zu Tode gebracht worden. Die Geschichte von Johannes dem Täufer ist aktueller denn je.
Herodes hat eine Vorahnung
Johannes der Täufer war der Vorläufer von Jesus. Herodes hatte beim Auftritt von Jesus gemutmasst: «Das ist Johannes der Täufer; er ist von den Toten auferstanden, und darum wirken solche Kräfte in ihm.» (Matth 14, 2) Die Vorahnung von Herodes hat sich mit dem Tod und der Auferstehung von Jesus Christus erfüllt. Mit der Auferstehung ist das Reich Gottes angebrochen. Es ist eine neue Zeit. Der Tod hat nicht mehr das letzte Wort. Aus unserem Glauben dürfen wir Hoffnung schöpfen. Sie macht uns fähig, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Wir können nicht verstehen, dass Gott das Leid und Elend auf dieser Welt zulässt und wir beten dafür, dass Gott die Rücksichtslosen über ihr Gewissen zur Besinnung ruft, damit Glaube, Hoffnung und Liebe nicht erlöschen: «Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.» (1. Kor 13,13).
«Lernort» Tatort
Als König Herodes davon hört, dass ein Wanderprediger namens Jesus in seinem Land unterwegs ist und das kommende Gottesreich verkündigt, ist er tief beunruhigt. Er mutmasst, dass in Jesus Johannes der Täufer auferstanden sein könnte. Herodes hat Johannes den Täufer umbringen lassen. Der Täufer hatte angeprangert, dass Herodes seine Ehefrau verstossen und die Frau seines verstorbenen Bruders geheiratet hatte. Als Herodes von Jesus hört, holt ihn sein schlechtes Gewissen ein. Was ist, wenn Gott mich straft…?
Ein Racheakt der brutalsten Art