News aus dem Thurgau
Religiöse Gemeinschaft Don Camillo in Montmirail

Mit Kind und Kegel in die Kommunität

von Tilmann Zuber
min
26.07.2025
Familie Keller wagte etwas, von dem viele träumen: ein neues Leben in einer christlichen Gemeinschaft. Der Schritt hat sich gelohnt. Ein Besuch bei Don Camillo in Montmirail.

Joel Keller (43) war in einem Alter, in dem viele ein Haus kaufen, Kinder bekommen und die Karriere vorantreiben. Doch der Pfarrer schlug einen anderen Weg ein. 2023 zog er mit seiner Frau Rahel und den drei Söhnen in die Kommunität Don Camillo in Montmirail. An Pfingsten wurde die Familie in einem feierlichen Akt offiziell in die reformierte Gemeinschaft aufgenommen.

Keller hatte eine Pfarrstelle in Gäu-Egerkingen, die Gemeinde schätzte ihn. Doch nach Jahren spürte er, dass der «nächste Schritt in seinem Leben anstand». Ein Wechsel in eine andere Kirchgemeinde? Nein, er und seine Frau suchten eine völlig neue Lebensform. Keller hatte in Montmirail seinen Zivildienst geleistet und später mit seiner Familie dort Urlaub gemacht. Plötzich nistete sich der Gedanke ein: Warum nicht selber hier leben?

Die Gespräche mit Don Camillo verliefen vielversprechend, die Kellers entschieden sich, nach Montmirail zu ziehen. «Ich merke erst jetzt, wie viele Aspekte des gemeinschaftlichen Lebens schon lange in mir geschlummert haben», sagt Keller. Heute fühlt er sich getragen und eingebettet. Er sei weniger exponiert und dadurch freier, seinen Gedanken und Impulsen zu folgen. Die Verbindung zu anderen Gemeinschaften habe ihm neue Türen geöffnet und Schätze zutage gefördert, die er zuvor nicht entdeckt hätte.

Ein Schloss in Neuenburg

Die Communauté Don Camillo ist eine evangelische Gemeinschaft im Kanton Neuenburg. Ihr Sitz, das Schloss Montmirail, wurde 1618 erbaut. Über Jahrhunderte diente es als Mädcheninternat, bis es mangels Schülerinnen schliessen musste. 1988 übernahm die Kommunität Don Camillo das Anwesen. Heute leben dort Familien und Singles unterschiedlichen Alters.

 

Idyllisch in der Landschaft: das Schloss Montmirail. Heute Sitz von Don Camillo. | Foto: Sinenomine/Wikimedia, CC BY-SA 4.0

 

«Die Entscheidung, nach Montmirail zu ziehen, fiel uns nicht leicht», sagt Joel Keller. Er gab seinen Beruf auf und kümmerte sich zuhause um die Kinder und den Haushalt und um den Unterhalt der weitläufigen Anlage. Seine Frau Rahel, früher Sozialpädagogin, arbeitet heute an der Rezeption und in der Kursadministration.

Drei gemeinsame Gebetszeiten am Tag und der Sonntagsgottesdienst prägen die Woche. Die Gemeinschaft finanziert sich durch das Gästehaus und durch Spenden. Kellers wohnen in einer eigenen Wohnung, ihr Einkommen fliesst in die Gemeinschaftskasse. Wichtige Entscheidungen trifft die Kommunität gemeinsam. «Das bedeutet Verzicht», sagt Keller, «aber für mich fühlt es sich wie Freiheit an.» Der Verzicht werde zum Gewinn, weil er sich nicht ständig fragen müsse, ob er sich etwas leisten könne. Schmunzelnd fügt er hinzu: «Mein Traumauto kann ich mir jetzt abschminken.»

Näher zu Gott?

Bringt ihn das Leben in der Gemeinschaft Gott näher? «Die regelmässigen Gebetszeiten tun mir gut», erzählt Keller. «Das färbt ab.» Es sei, als spiele er in einem guten Orchester, das das Beste aus ihm heraushole. «Ich bin kein perfekter Christ, aber das gemeinschaftliche Leben spornt mich an und verleiht mir Rückenwind.»

Joel Keller betont, wie wichtig Orte sind, an denen der Glaube intensiv gelebt wird. «Hier werde der Glaube greifbar, er bekomme Kontur. «Und die Gäste werden ermutigt, ihren Glauben zu leben und in die Kirche zu tragen. Montmirail ist ein Leuchtturm, der in die Kirche strahlt.» Für ihn sei es ein inspirierendes Privileg, hier zu leben.

Gestern fragte Joel Keller seinen Sohn, ob es ihm in Montmirail gefalle. Der Junge antwortete mit Ja. Für die Kellers scheint sich die Entscheidung, Don Camillo beizutreten, gelohnt zu haben.

 

Unsere Empfehlungen

«Könfis» entdecken

«Könfis» entdecken

Im Frühling finden die Konfirmationen statt: Klicken Sie sich durch die Galerie der aktuellen Konfirmations-Bilder aus verschiedenen Thurgauer Kirchgemeinden.
Wann haben Sie zuletzt gebetet, Frau Famos?

Wann haben Sie zuletzt gebetet, Frau Famos?

Rita Famos, Präsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz (EKS), spricht darüber, ob sie im Gebet Antworten von Gott erhält. Sie erklärt, was verloren geht, wenn das tägliche Gebet verschwindet, warum sie interreligiöse Gebete kritisch sieht und was sie an reformierten Kirchen stört.