News aus dem Thurgau

Spielerischen Tiefgang erleben

von Martina Seger-Bertschi
min
04.03.2025
Der Bibliolog hilft, eigene Lebenserfahrungen mit biblischer Geschichte in den Dialog zu bringen. Auch wenn der Name dieser Bibellese-Methode kompliziert klingen mag – mitmachen ist einfach.

«Alle dürfen, niemand muss. Alles, was gesagt wird, ist wertvoll und wichtig für uns.» Dies ist eine Kurzform der «Spielregeln» des Bibliologs. Die Leitungsperson, Bibliologe oder Bibliologin genannt, nimmt die Teilnehmenden auf eine Reise mit in eine biblische Geschichte. Sie liest diese vor und hält während der Geschichte mehrmals inne, um einer Person oder einem Gegenstand aus der Geschichte eine Frage zu stellen, wie zum Beispiel am Anfang der Geschichte der Stillung des Sturms: Petrus, wie ist es für dich, mit Jesus in einem Boot zu sein?

Bibel und Leben verweben sich

Alle dürfen in diese Rolle schlüpfen und aus dieser Rolle heraus antworten. So ist es möglich, auf eine Frage unterschiedliche Antworten zu hören. Bernadette Oberholzer aus Dussnang, Bibliologin und Laienpredigerin, sagt dazu: «Obwohl ein Bibliolog spielerisch wirkt, kann er sehr tief gehen, weil sich eigene Gefühle und Erfahrungen mit dem biblischen Text verweben».

Vor rund 17 Jahren hat sie den Bibliolog kennengelernt und den Grundkurs zur Bibliologin in Deutschland absolviert. Zudem hat sie verschiedene Aufbaukurse besucht und ist für einen sogar binach Graz gereist. Während elf Jahren arbeitete sie im Vorstand des ‘Netzwerks Bibliolog Schweiz’ mit.

Biblische Texte werden lebendig

Was begeistert sie denn am Bibliolog? «Alte Texte in der Bibel, die wir vielleicht schon längst kennen, werden durch den Bibliolog überraschend lebendig und aktuell. Durch das gemeinsame Erleben eröffnen sich immer wieder neue Aspekte», sagt Bernadette Oberholzer. «Auch wirkt der Bibliolog verbindend, weil man keine biblischen Vorkenntnisse mitbringen muss. Alle, von jung bis alt, können sich daran beteiligen. Neugier und innere Offenheit genügen, um mitmachen zu können». Berührende Momente kommen während eines Bibliologs meistens vor. Sei es, dass eine Stimme etwas ausdrückt, dass jemand anders auch so empfindet, aber die Worte dafür selbst nicht finden konnte. Sei es, dass Tränen fliessen, gelacht wird oder sich tiefe Gedanken gemacht werden.

Kopf und Herz verbinden

Bernadette Oberholzer erinnert sich zum Beispiel an einen Bibliolog, in dem die «Gerechtigkeit» mit dem «Gesetz» ins Gespräch kam und sie folgende Frage stellte: Braucht es dich, das Gesetz, eigentlich, damit ich existieren kann, oder gäbe es mich, die Gerechtigkeit, auch ohne dich?

Es lässt sich erahnen, dass es einiges an Zeit, Gedanken und Sorgfalt braucht, einen Bibliolog vorzubereiten – obwohl ein gut geleiteter Bibliolog einfach aussieht. Durch das Spielerische kann der Bibliolog nicht nur Menschen miteinander verbinden, sondern auch in jedem Einzelnen den Kopf und das Herz. Oder, in den Worten von Peter Pitzele, der den Bibliolog in den 80er-Jahren entwickelt hat: «Verstand und Gefühl sind nicht mehr getrennt und wir spüren die Berührung der Freude».

 

Bibliolog-Anlässe im Thurgau

Mittwoch, 19. März, 19.30 Uhr, Kirchgemeindehaus Bichelsee

Montag, 7. April, 19.30 Uhr, Kirchgemeindehaus Dussnang

Freitag, 13. Juni, 9 Uhr, Kirche Märwil

Freitag, 7. November, 9 Uhr, Kirche Affeltrangen

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