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Den Sinn im Bildnis finden

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01.12.2022
Der ehemalige Weinfelder Pfarrer Daniel Bühler hat seinem Glauben nicht nur in der Predigt, sondern auch in der Bildhauerei Ausdruck verliehen. Eine Leidenschaft, für die er sich nun hat frühpensionieren lassen.

Ora et labora – bete und arbeite. Ganz nach diesem Motto lebt Daniel Bühler-Koch seine Beziehung zu Gott. 30 Jahre lang war der heute 63-Jährige dabei als Pfarrer tätig, die letzten fünf Jahre in der evangelischen Kirchgemeinde Weinfelden. In all diesen Jahren haben ihn stets Hammer und Pickel begleitet. Denn gelernt hat der Theologe eigentlich Bildhauer.

«Dieses Talent war mir in die Wiege gelegt worden. Schon von klein auf hat mich das Zeichnen und Gestalten begeistert», erinnert sich Bühler-Koch an seine Jugendjahre zurück. Der Weg an die Zürcher Kunstgewerbeschule war vorgezeichnet, und dort verliebte er sich in den Stein. Er arbeitete bei Schweizer Handwerksbetrieben und war ein Jahr lang in Italien am Lernen, dem Nonplusultra in Sachen Bildhauerei.

Doch dann holte ihn eine Sinnkrise ein. «Ich war Anfang 20, ungebunden und ohne Verantwortung, und dennoch fehlte mir etwas », so Bühler-Koch. Ein Traum deutete ihm schlussendlich den Ausweg: «Darin sah ich mich selbst, in der einen Hand den Hammer haltend und in der anderen die Bibel. » Obwohl die Richtung nun klar war, war es noch ein weiter Weg bis zur Berufung als Pfarrer.

Denn bis anhin hatte er mit Gott nicht viel am Hut gehabt. Im Elternhaus war der Glaube nicht vorgelebt worden. So tastete er sich vorsichtig an die Heilige Schrift heran, besuchte einen Gottesdienst und entschied sich schlussendlich, Theologie zu studieren. «Mehr aus Interesse heraus, als mit dem Wunsch eines Tages Pfarrer zu werden », so Bühler-Koch, der auf der Kanzel schlussendlich seinen Beruf fürs Leben fand.

Steinpredigten
Bühler-Kochs Kreationen sind weit davon entfernt, Dekoration oder klar erkennbare Abbilder zu sein. Vielmehr laden sie zum Nachdenken und Ergründen ein. So war er stets auf der Suche nach dem Existenziellem, sei es in der Schrift oder den Bildnissen, die er modellierte. Diese tiefgründige Sinnsuche hinter der Schrift versuchte der passionierte Redner auch seiner Gemeinde mittels Steinpredigten zu vermitteln. Dabei werden Bibelstellen nicht nur mit den Augen, sondern auch mit Fingern erfahrbar gemacht.

Bei einer Konfirmation hievte er einmal eine 200 Kilogramm schwere Steinperle in die Kirche, um Jesu Gleichnis mit der Perle erlebbar zu machen. So wandte er der Bildhauerei während seiner Tätigkeit als Pfarrer nie den Rücken zu. Kein Tag verging, ohne dass eine neue Skizze entstand oder er den Stein bearbeitete. Ein Tag in der Woche war dann auch immer für die Bildhauerei reserviert.

Andere Bildhauer gesucht
Über die Jahre haben sich so eine stattliche Anzahl an Skizzen und Ideen angehäuft. Diese möchte er nun realisieren und hat sich deshalb frühpensionieren lassen. Marmor, Basalt und Granit stehen schon in Reih und Glied vor seinem Haus in Weinfelden bereit, um behauen zu werden. In seinem Garten sind einige ausgewählte Skulpturen ausgestellt.

Einmal im Jahr führt er Besuchende durch seinen Steingarten und erklärt seine Überlegungen. Diesen Austausch möchte er in seiner späten Schaffensphase nun weiter intensivieren und ist auf der Suche nach anderen Künstlern, um seine Ideen auszutauschen.

 

(Text und Fotos: Emil Keller)

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