Dolce Vita für alle
An einem Mai-Morgen schweben kleine Dampfschleier über dem Lago di Lugano. Der See ist bereits 22 Grad warm. Sonnenstrahlen flirren über den Palmengarten des Centro Magliaso. Von Ende Februar bis in den Spätherbst verbringen Menschen mit und ohne Beeinträchtigung hier ihre Ferien. Das Centro Magliaso ist mehr als ein Ferienzentrum – es vermittelt ein Lebensgefühl. Eine Gruppe von Menschen frühstückt neben einem jungen Paar und einer Familie. Überall hört man Lachen und rege Unterhaltung. Das selbstverständliche Miteinander prägt das Bild.
Geist der Inklusion
Während kirchliche Bildungshäuser wie der Leuenberg in Baselland und viele andere schliessen mussten und das Lassalle-Haus um seine Existenz kämpft, floriert das Centro Magliaso. Was ist das Erfolgsrezept? «Der Geist der Inklusion hat im Centro ÂTradition», sagt Roland Fischer, Leiter des Zentrums. «Das ist unser Erfolgsrezept.»
Dieser Geist zeigt sich schon räumlich. Sechs Häuser verteilen sich in der weitläufigen Parkanlage zwischen Palmen und alten Bäumen. Konfirmanden- und Sportgruppen verbringen hier ihre Ferien. Einzelgäste können im Haupthaus oder im neu errichteten Haus Paradiso übernachten. Und Menschen mit Beeinträchtigung und ihre Betreuungspersonen sind im Boscaccio untergebracht. Alle Unterkünfte bieten einen gehobenen 3- bis 4-Sterne-Komfort. Die räumliche Trennung ermögliche einen ungestörten Aufenthalt, sagt Fischer. «Dennoch begegnen sich die Gäste im Speisesaal, am Pool oder bei Sport und Spiel ungezwungen und herzlich», ergänzt Fischer. Eine Gruppe Golfer äusserte kürzlich, die Fröhlichkeit der Menschen mit Beeinträchtigung habe sie sofort angesteckt.
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Vom Barackendorf zum reformierten Begegnungzentrum
Das Centro Evangelico Magliaso ist ein evangelisch-reformiertes Begegnungszentrum für Ferien und Bildung. Seine Geschichte reicht in die Nachkriegszeit zurück. 1945 beschliesst der Bundesvorstand der Jungen Kirche, ein Ferienzentrum für Jugendliche zu schaffen. In der Gemeinde Magliaso finden sie direkt am Luganersee ein kleines Barackendorf mit Zeltplatz. Ein Jahr später übernimmt der neu ins Leben gerufene Verein für evangelische Jugendheimstätten die Verantwortung. Die ersten Gruppen und Einzelgäste kommen, und es werden immer mehr. Das Ferienparadies entspricht dem Drang der Nachkriegsgeneration nach Süden und dem Wunsch nach Offenheit und Gemeinschaft.
Grotto, Pool, See …
In den folgenden Jahrzehnten wird das Centro kontinuierlich erweitert und modernisiert. 1985 baut man das Haus Boscaccio rollstuhlgerecht um. Drei Jahre später kauft die Evangelisch-Reformierte Kirchgemeinde Zürich das Centro, das seither von einer Genossenschaft betrieben wird.
Das Centro Magliaso zieht seit Jahren die verschiedensten Gäste an: junge Paare, Familien, Rentner, Konfirmanden, kirchliche Gruppierungen und Menschen mit Beeinträchtigung. Das Angebot ist vielfältig.
Hauptattraktion ist der grosse, mit Wärmepumpe beheizte Pool. Wer es grösser mag, springt vom Steg in den Luganersee. «Einige Gäste stellen ihr Auto nach der Anreise ab und verlassen unsere Anlage eine Woche lang nicht», sagt Fischer. Für diese Gäste bietet das hauseigene Tessiner Grotto mit Steintischen eine Alternative zum Speisesaal. Im Sommer gibt es dort Grillabende. Seminargäste schätzen den Sitzungsraum mit Seeblick. «Wenn das Wasser ans Ufer plätschert, kommen die kreativen Ideen leichter», meint Fischer.
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Erbe der Kirche
Christliche Werte wie Offenheit bilden das Fundament des Centro. «Das belebt den Geist der Inklusion und trägt zu unserem Erfolg bei», ist Fischer überzeugt. Das Christliche zeigt sich, ohne den Gästen aufgezwungen zu werden. «Wer Lust hat, nimmt am Gottesdienst teil, der manchmal direkt am See stattfindet», erzählt Fischer. Und ein Pfarrer steht für Seelsorgegespräche zur Verfügung.
Fischer plant inzwischen schon weitere Verbesserungen. Im Winter 2025 wird eine neue Solaranlage inÂstalliert. Und ein Wellnessbereich mit Dampfbad, Ruheraum und Sauna soll das Angebot in naher Zukunft abrunden.
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