News aus dem Thurgau

«Ich darf anders sein als andere»

min
23.01.2025
Am Behördenfrauentag steht die zunehmende Individualisierung im Fokus. Referentin ist die evangelische Kirchenratspräsidentin Christina Aus der Au. Individualisierung sei nicht per se problematisch, sagt sie.

Die «Mitte Frauen Thurgau» haben Christina Aus der Au als Referentin an den Behördenfrauentag vom 8. Februar in Erlen eingeladen. Die Präsidentin des Kirchenrates der Evangelischen Landeskirche des Kantons Thurgau begrüsst, dass das Vorbereitungsteam die oft beklagte Zunahme der Individualisierung in unserer Gesellschaft zum Thema macht. «Aber», sagt die Frauenfelder Theologin und Philosophin, «Individualisierung ist nicht in erster Linie ein Problem oder etwas Schlechtes.»

Kein Hindernis zu Gott

Die Individualisierung sei aus der Aufklärung hervorgegangen; die Aufklärung betone: «Ich bin ich als Subjekt. Ich darf mich selber sein, und ich darf anders sein als andere. Und vor allem darf ich selber denken.» Der französische Philosoph René Descartes (1596 bis 1650) sagte: «Ich denke, also bin ich». Auch Luther und vor allem Zwingli unterstrichen, dass die Menschen selbständig denkende Individuen sind. Zwischen Gott und dem Menschen besteht kein Hindernis. Der Mensch als Individuum darf seinen Schöpfer direkt ansprechen. Das Individuum sei nicht zuletzt auch ein Kernwert in den Menschenrechten, betont Christina Aus der Au.

Alle sind «Leuchttürme»

Vielleicht seien heute Biografien und Lebensläufe auch fragmentarischer, zerbrechlicher. «Vor ein paar Jahren konnten sich die Menschen noch eher vorstellen, wo sie in 40 Jahren sein würden», sagt Christina Aus der Au. Heute sei das Leben nicht mehr gleich absehbar. Unverbindlichkeit und Komplexität machten sich breit. Die Kirchenratspräsidentin plädiert auf dem Hintergrund dieser Tatsachen für eine differenzierte Betrachtung der Individualisierung des Menschen: «Alles hat seine zwei Seiten.»

Und: «Wir sind ja alle kleine Leuchttürme und können ausstrahlen». Der Behördenfrauentag richtet sich an Frauen in Gemeinde-, Schul- und Kirchenbehörden, in Gemeinde- und Stadtparlamenten und im Grossen Rat. Ob sie frisch gewählt oder schon einige Jahre im Amt sind, an der Behördenfrauentagung seien alle Frauen willkommen, betont das Vorbereitungsteam. Beim Behördenfrauentag handelt es sich um eine überparteiliche Veranstaltung, die der Weiterbildung, der Vernetzung und dem Austausch der engagierten Frauen untereinander dient.

Unsere Empfehlungen

Öffentliche Gedenkfeiern für zwei St.Galler Opfer des Nationalsozialismus

Stolpersteinlegungen in der Stadt St. Gallen

Am Donnerstag, 12. Juni 2025, werden in St.Gallen zwei Stolpersteine zum Gedenken an Ostschweizer Opfer des Nationalsozialismus gesetzt. Es handelt sich um die in St.Gallen geborene Martha Wodiunig, die von den Nazis im Rahmen der Euthanisiemorde getötet wurde, sowie um Szloma Sochaczewski, der in ...